Der Digitale Euro – Entwürfe von EU-Verordnung und EZB-Rulebook Enthalten Neues Pflichtenprogramm für Zahlungsdienstleister und Sonstige Beteiligte

Die Europäische Zentralbank („EZB“) prüft derzeit in Zusammenarbeit mit den nationalen Zentralbanken des Eurosystems die mögliche Einführung des digitalen Euro („D€“). Am 29. Oktober 2025 beschloss der EZB-Rat, dass das Eurosystem sein Projekt zum D€ nach dem erfolgreichen Abschluss der im November 2023 begonnenen Vorbereitungsphase fortsetzen wird. Jedoch erst, wenn der Gesetzgebungsprozess der Europäischen Union abgeschlossen ist, wird feststehen, ob es den D€ tatsächlich geben wird.

Der D€ soll künftig als digitales Zentralbankgeld von den Zentralbanken des Eurosystems ausgegeben werden und den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels als Ergänzung zum Bargeld erhalten. Er würde in einer digitalen Geldbörse aufbewahrt, verwaltet und im Hinblick auf die Ausführung von Zahlungsaufträgen gesteuert. Der D€ soll neben einer Online-Funktion auch über eine Offline-Funktion verfügen, wonach Transaktionen auch ohne Internetanbindung abgewickelt werden könnten.

Rechtsgrundlagen

Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind (derzeit) insbesondere der jeweils aktuelle Entwurf des EZB - Digital Euro Scheme Rulebook (gegenwärtig Versionsstand v0.9 vom 30.06.2025) („D€-Rulebook“) und der Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission vom 28.06.2023 zur Einführung des digitalen Euro (2023/0212 (COD)) („D€-Verordnungsentwurf“).

Der Verordnungsentwurf ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, wohingegen das D€-Rulebook vom Eurosystem, insbesondere der EZB in Zusammenarbeit mit der sog. Scheme Rulebook Development Group entworfen wird.

Diese Entwürfe sind nicht final, sodass die in diesem Beitrag vorgestellten vorläufigen Erkenntnisse unter dem Vorbehalt von Änderungen stehen.

Vertragliche Beziehungen

Die Nutzer des D€ stehen in keiner vertraglichen Beziehung zur EZB oder zu den nationalen Zentralbanken im Eurosystem. Vielmehr gehen die Nutzer des D€ für die Zwecke von Zahlungsdiensten im Zusammenhang mit dem D€ nur mit den Zahlungsdiensteistern eine vertragliche Beziehung ein (Art. 13 Abs. 6 D€-Verordnungsentwurf).

Der Zahlungsdienstleister erbringt Zahlungsdienste, die es dem Nutzer ermöglichen, die bereitgestellten D€ zu besitzen und zu übertragen. Die zugrunde liegenden Mittel sind jedoch eine Verbindlichkeit der Zentralbank.

D€-Rulebook

Das im D€-Rulebook beschriebene Regelwerk für darin benannte Teilnehmer beschreibt eine Governance-Struktur, in der Regeln und Standards für die Einführung des D€ festgelegt sind („D€-Scheme“).

Das D€-Rulebook ergänzt die Vorschriften des D€-Verordnungsentwurfs und soll unter anderem sicherstellen, dass am D€-Scheme teilnehmende Zahlungsdienstleister den zur Akzeptanz des D€ verpflichteten Zahlungsempfängern (insb. Händlern) die Annahme des D€ über einheitliche Strukturen ermöglichen.

Verpflichtete nach D€-Rulebook

Teilnehmer des D€-Schemes sind ausschließlich Zahlungsdienstleister im Sinne des Art. 4 Nr. 11 PSD2 (bzw. zukünftig Art. 2 Nr. 12 PSD3-Entwurf und Art. 3 Nr. 14 PSR-Entwurf).

Das D€-Rulebook adressiert sein Pflichtenprogramm unmittelbar an D€-Scheme-Teilnehmer. Es nimmt jedoch auch Einfluss auf die rechtliche Beziehung zwischen D€-Scheme-Teilnehmern und Akteuren, die - ohne D€-Scheme-Teilnehmer zu sein - bei der Einführung des D€ mit diesem zum Beispiel als D€-Nutzer oder als Dienstleister in Zusammenhang stehen. Es enthält nämlich Mindestvorgaben an die Ausgestaltung der Verträge zwischen D€-Scheme-Teilnehmern und Akteuren, die keine D€-Scheme-Teilnehmer sind. Daher werden auch diese veranlasst, einige der Vorgaben des D€-Rulebooks umzusetzen.

Obligatorische D€-Scheme-Teilnehmer sind:

  • Kontoführende Zahlungsdienstleister, die den Pflichten des Art. 13 D€-Verordnungsentwurf unterliegen und zumindest das verknüpfte nicht-D€-Zahlungskonto des Zahlers führen, das für die Ein- und Auszahlung von Beträgen auf ein D€-Zahlungskonto verwendet werden kann; und

  • Kreditinstitute, die den Pflichten des Art. 14 D€-Verordnungsentwurf unterliegen und zumindest dem Zahler bzw. dem Zahlungsempfänger D€-Zahlungsdienste anbieten.

Weitere Zahlungsdienstleister, z.B. nicht-kontoführende Zahlungsdienstleister, können sich freiwillig den Pflichten des D€-Schemes unterwerfen.

Alle D€-Scheme-Teilnehmer müssen die Teilnahmekriterien erfüllen und den Beitrittsprozess nach Maßgabe des D€-Rulebooks durchlaufen.

Wesentliche Pflichten bei Einführung des Digitalen Euro

Zahlungsempfänger

Zahlungsempfänger (Personen, die den bei einem Zahlungsvorgang in D€ transferierten Geldbetrag als Empfänger erhalten sollen) sind verpflichtet, den D€ zum vollen Nennwert mit Erfüllungswirkung anzunehmen (Art. 7 Abs. 2, 4, 5 D€-Verordnungsentwurf), falls keine Ausnahme greift (Art. 9 D€-Verordnungsentwurf).

D€-Scheme-Teilnehmer

Wesentliche Aufgaben der D€-Scheme-Teilnehmer, die Dienste im Zusammenhang mit dem D€ anbieten, sind unter anderem:

  • Gewährung des Zugangs zum D€, insbesondere Management von D€-Zahlungskonten unter Einhaltung von technischen und funktionalen Vorgaben und Risikomanagementanforderungen;
  • Aufladung und Auszahlung auf bzw. von D€-Konten sowie Einhaltung des Haltelimits von D€-Zahlungskonten;
  • Durchführung von D€-Zahlungsvorgängen;
  • Dispute Management;
  • Verantwortlichkeit für die Nutzererfahrung;
  • Nutzung der D€-Markenelemente.

Welche Pflichten des D€-Verordnungsentwurfs der jeweilige D€-Scheme-Teilnehmer zu beachten hat, ist davon abhängig, ob es sich um ein Kreditinstitut im Sinne der CRR, einen Zahlungsdienstleister im Sinne der PSD2 (bzw. zukünftig PSD3-Entwurf und PSR-Entwurf) oder um einen kontoführenden Zahlungsdienstleister im Sinne der PSD2 (bzw. zukünftig PSD3-Entwurf und PSR-Entwurf) handelt.

Externe Dienstleister

Externe Dienstleister sind Parteien, die von einem oder mehreren D€-Scheme-Teilnehmern beauftragt werden, um deren Bereitstellung von Zahlungsdiensten für den D€ zu unterstützen.

Ein externer Dienstleister, sofern er kein am Scheme teilnehmender Zahlungsdienstleister ist, unterliegt nach dem D€-Rulebook lediglich Pflichten, die ihm seitens der Zahlungsdienstleister gem. D€-Rulebook vertraglich auferlegt werden.

In Betracht kommt u.a., dass externe Dienstleister zu Konformität der von ihnen angebotenen Produkte und Akzeptanzlösungen, wie z.B. POS-Terminals, verpflichtet werden. Zudem sind bestimmte externe Dienstleister wie z.B. Anbieter von POS-Terminals dazu verpflichtet, ihre Produkte zertifizieren zu lassen.

Ausblick

Es bleibt abzuwarten, ob und wann der D€ eingeführt wird.

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Vorbereitungsphase hat der EZB-Rat beschlossen, zur nächsten Phase des Projekts zum D€ überzugehen. Der endgültige Beschluss des EZB-Rats darüber, ob und wann ein D€ ausgegeben wird, wird erst dann getroffen, wenn der Gesetzgebungsprozess der Europäischen Union abgeschlossen ist.

Bereits jetzt steht fest, dass sich im Fall der Einführung des D€ für die Finanzwelt weitreichende Konsequenzen ergeben würden. Es wären insbesondere Anpassungen in Bezug auf die folgenden Aspekte vorzunehmen:

  • Produkte und Akzeptanzlösungen, wie z.B. POS-Terminals (inkl. deren Zertifizierung);
  • Kontenstrukturen und aufsichtsrechtliche Sicherheitsmaßnahmen;
  • Kooperationsvereinbarungen mit externen Dienstleistern, anderen Zahlungsdienstleistern und sonstige Vertragswerke;
  • Entgeltmodelle im Hinblick auf Entgeltobergrenzen gem. Art. 15 Abs. 2 i.V.m. Art. 17 Abs. 2 D€-Verordnungsentwurf.
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