NFT im Bankaufsichtsrecht

Das „Prägen“ (sog. Minting) und der Vertrieb sog. non-fungible-token (NFT) ist eine nicht nur in der Krypto-Community wahrgenommene Entwicklung von Blockchain-Anwendungen. Begleitet durch ein breites Medien-Echo ist das Thema NFT besonders prominent in Gestalt von digitalisierten physischen Kunstwerken oder Performance-Elementen in Erscheinung getreten (siehe hierzu etwa Misa.art zu einem 24-Stunden-NFT drop der Künstlerin Katharina Grosse). Aber auch üblicherweise auf Vervielfältigung angelegte Gegenstände wie Sport-Event-Filmausschnitte, Zeitschriftenbeiträge, Sammelbilder etc. sind Anwendungsfälle von NFT. Neben technischem Interesse, Sammelleidenschaft und anderen Affektionsinteressen können mit dem NFT-Erwerb aufgrund bestehender Sekundärmärkte auf Online-Marktplätzen (etwa Sorare, CryptoPunks oder NBA Top Shots) auch Anlageinteressen verbunden sein.

NFT werden technisch im offenen ERC-721-Standard der Ethereum-Blockchain programmiert. Eigenschaften wie Anzahl, Nutzungsbedingungen, etwaige Royalties im Zusammenhang mit Weiterveräußerungen etc. werden im Programmcode als „Smart Contract“ definiert. NFT im ERC-721-Standard sind – anders als etwa eigenschaftsgleiche und untereinander austauchbare ERC-20-Token der Ethereum-Blockchain – unteilbare Unikate und damit nicht vertretbar und nicht austauschbar („non fungible“).

Zu der Inhaberschaft von NFT und der hiermit verbundenen Rechtsposition stellen sich vornehmlich zivilrechtliche Fragen nach dem Eigentumsschutz bzw. dem etwaigen deliktsrechtlichen Schutzstatus als absolutes Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB, der urheberrechtlichen Rechtsposition ihrer Schöpfer im Verhältnis zum jeweiligen Inhaber sowie vertriebsrechtliche Fragen z.B. im Verbrauchergeschäft nach den zum 1.1.2022 in Kraft tretenden §§ 327 ff. BGB (Verbraucherverträge zu digitalen Produkten).

Unabhängig hiervon muss der Vertrieb von NFT auf Sekundärmärkten / Online-Marktplätzen bankaufsichtsrechtlich bewertet werden. Hierzu stellt sich primär die Frage nach der bankaufsichtsrechtlichen Qualifikation von NFT.

Denn wären NFT, ggf. unter bestimmten Voraussetzungen, Finanzinstrumente im Sinne von § 1 Abs. 11 Kreditwesengesetz (KWG) bzw. § 2 Abs. 5 Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG), so könnten zahlreiche mit ihrem Vertrieb auf Sekundärmärkten im Internet verbundene Dienstleistungen entweder als Bank- bzw. Finanzdienstleistungsgeschäft nach §§ 1, 32 KWG oder als Wertpapierdienstleistung (einschließlich etwaiger Nebenleistungen oder Nebengeschäfte) nach §§ 2, 15 WpIG erlaubnispflichtig sein, da sie den Vertrieb von Finanzinstrumenten i.S.d. KWG bzw. WpIG voraussetzen. Die Anschaffung und Weiterveräußerung von NFT als Dienstleistung für andere kann danach z.B. erlaubnispflichtiger Eigenhandel sein, während die Verwahrung, Verwaltung oder Sicherung von NFT erlaubnispflichtiges Kryptoverwahrgeschäft begründen kann. Zahlreiche weitere Erlaubnistatbestände sind je nach gewähltem Vertriebsansatz denkbar, etwa Anlage- oder Abschlussvermittlungsgeschäft oder der Betrieb eines Online-Marktplatzes als multilaterale Handelsplattform.

Unterstellt, dass mit einem NFT keine aktien- oder schuldtitelähnlichen Rechtspositionen verbunden werden, so dass bereits aus diesem Grund die Qualifikation als KWG-/WpIG-Finanzinstrument in Form eines Wertpapiers oder einer Vermögensanlage ausscheidet (andernfalls stellen sich zusätzlich prospektrechtliche Fragen nach dem Wertpapierprospektgesetz und der EU-Prospekt-Verordnung oder dem Vermögensanlagengesetz), so können NFT als Rechnungseinheit (§ 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 7 KWG / § 2 Abs. 5 Nr. 7 WpIG) oder Kryptowert (§ 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 10 KWG / § 2 Abs. 5 Nr. 10 WpIG) Finanzinstrumente sein.

Rechnungseinheiten sind nach ständiger Verwaltungspraxis der BaFin als „Zahlungsmittel“, „Kunst- oder Komplementärwährungen“ bzw. „Nebengelder“ bezeichnete Instrumente, die vergleichbar mit den in derselben Ordnungsnummer im KWG bzw. WpIG genannten Devisen in jedem Fall gattungsmäßig bestimmt und damit untereinander austauschbar sind. NFT als nicht vertretbare und nicht austauschbare Instrumente sind damit keine Rechnungseinheiten. Das entspricht auch der jüngsten Verlautbarung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) (siehe BMF-Schreiben vom 25.05.2021 als Grundlage der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage von FDP-Bundestagsabgeordneten zur „Besteuerung und Regulierung von Kryptoassets“, BT-Drs. 19/30141, dort Ziffer 4b).

Nicht beantwortet hat das BMF bislang allerdings die weitere Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen NFT Kryptowerte im Sinne von § 1 Abs. 11 S. 4 KWG sind. Die in BT-Drs. 19/30141 unter Ziffer 4d) getroffene Aussage der Bundesregierung, der Ankauf, die Verwaltung bzw. die Vermittlung von NFT stehe „de lege lata regelmäßig nicht als Bankgeschäft oder Finanzdienstleistung unter Erlaubnisvorbehalt“, ist als Praxisleitlinie untauglich, zumal an dieser Stelle Kryptowerte mit keinem Wort erwähnt werden, sondern nur Derivate (mit Basiswert Rechnungseinheit) sowie Vermögensanlagen als denkbare Kategorien von Finanzinstrumenten angesprochen sind. Die fehlende Erwähnung überrascht, da der Tatbestand des Kryptowertes vom Gesetzgeber (weitergehend als in der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtinie angelegt, siehe Ziff. 2.d) sowie Erwägungsgrund 10 der Richtlinie (EU) 2018/843) erklärtermaßen als Auffangtatbestand für Instrumente angelegt wurde (so die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 19/13827, S. 110), die etwa mangels Austauschbarkeit nicht der Kategorie der Rechnungseinheiten unterfallen. Die Legaldefinition des Kryptowertes lautet:

Kryptowerte im Sinne dieses Gesetzes sind digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient und der auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann.

Entscheidend und naturgemäß zugleich eine Frage des Einzelfalls ist hierbei die Frage, ob der konkrete NFT den Charakter eines Tausch- oder gar Zahlungsmittels hat oder ob mit ihm ein Anlagezweck verfolgt wird. Unterstellt, die Tausch- und Zahlungsfunktion lässt sich aufgrund des solitären Charakters und der fehlenden Austauschbarkeit im Einzelfall ausschließen, so kann ein mit dem NFT verbundener Anlagezweck eine Erlaubnispflicht für damit verbundene Vertriebsaktivitäten auslösen. Denn die bei NFT nicht gegebene Austauschbarkeit / Fungibilität des „Kryptowertes“ ist nicht Bestandteil seiner gesetzlichen Definition. Es reicht hiernach aus, dass der NFT übertragbar, speicherbar und handelbar ist.

In Anlehnung an die Aussagen in der Gesetzesbegründung zur Kryptowert-Definition (BT-Drs. 19/13827, S. 110, dort im Rahmen einer Negativabgrenzung für Utility Token / elektronischen Gutscheinen ohne Anlagefunktion: „…aufgrund ihrer Ausgestaltung keine investorenähnliche Erwartungshaltung an die Wertentwicklung des Gutscheins…“) sowie an die bisherige BaFin-Praxis zu verschiedenen Utility-Token wird zu prüfen sein, ob ein Anlagezweck dadurch anzunehmen ist, dass der NFT etwa aufgrund von im zugehörigen Smart-Contract programmierter oder sonst mit seiner Inhaberschaft verbundener vermögenswerter Rechtspositionen des jeweiligen Inhabers, aufgrund der Existenz eines für den NFT zugänglichen und liquiden Sekundärmarktes oder auch nur durch seine vertriebliche Darstellung gegenüber potentiellen Investoren eine zumindest plausible Renditeerwartung z.B. im Weiterveräußerungsfall vermittelt oder vermitteln soll.

Diese Umstände können naturgemäß nur im Einzelfall geprüft und bewertet werden und sind in der Praxis im Zweifelsfall mit der BaFin abzustimmen. Ist danach ein Finanzinstrument anzunehmen sind in einem weiteren Schritt die beabsichtigten Vertriebsaktivitäten unter den genannten Erlaubnisvorbehaltstatbeständen der §§ 1, 32 KWG bzw. §§ 2, 15 WpIG zu prüfen.

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