Bundestag beschließt neue Regulierung des Kryptoverwahrgeschäfts und neue Regeln über Schnittstellen zum mobile payment und audio / voice banking
Der Deutsche Bundestag hat es beschlossen: In Deutschland werden künftig strenge Anforderungen für Dienstleister gelten, die die Aufbewahrung und Sicherung bestimmter Crypto-Token anbieten. Zudem werden bestimmte Anbieter technischer Infrastrukturleistungen verpflichtet, Zahlungsdienstleistern Zugriff auf ihre technische Infrastruktur einzuräumen.
Diese beiden Aspekte sind Teil des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (Richtlinie (EU) 2018/843, sog. „5.“ Geldwäscherichtlinie), über welches der Bundestag am 14. November 2019 abgestimmt hat. Das Gesetz muss nun noch den Bundesrat passieren und kann dann verkündet werden und wie im Gesetzesentwurf vorgesehen am 1. Januar 2020 in Kraft treten.
1. Regulierung des Kryptoverwahrgeschäfts
Wie bereits berichtet, sollen künftig die Aufbewahrung und Sicherung bestimmter Crypto-Token eine Finanzdienstleistung begründen und einer Erlaubnispflicht gemäß dem Kreditwesengesetz (KWG, in der neuen Entwurfsfassung: KWG-E) unterliegen. Die maßgeblichen neuen Rechtsbegriffe lauten „Kryptowert“ und „Kryptoverwahrgeschäft“.
a) Zu den Voraussetzungen einer Lizenz für das Kryptoverwahrgeschäft
Im Juli 2019 war ein Regierungsentwurf zu dem Umsetzungsgesetz zu der 5. Geldwäscherichtlinie veröffentlicht worden. Nach diesem Entwurf sollte eine Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft nach einem neu einzufügenden § 32 Abs. 1g KWG-E künftig nur erteilt werden, wenn das betreffende Unternehmen keine anderen nach dem KWG erlaubnispflichtigen Tätigkeiten erbringt. Damit hätten nicht einmal CRR-Kreditinstitute Kryptoverwahrgeschäft anbieten dürfen, obwohl diese Art von Instituten bislang sämtliche nach dem KWG erlaubnispflichtigen Geschäfte erbringen durften.
Als Reaktion auf erhebliche Kritik unter anderem seitens des Bundesrates empfahl der Finanzausschuss des Bundestages nun, die geplante Regelung des § 32 Abs. 1g KWG-E zu streichen. Der Bundestag stimmte dieser Änderung am 14. November 2019 zu. Da der Bundesrat eine entsprechende Änderung bereits selbst empfohlen hatte, ist davon auszugehen, dass diese Änderung den Bundesrat ebenfalls passieren und in Kürze in Kraft treten wird.
Damit dürfte die Erbringung des Kryptoverwahrgeschäfts künftig zwar noch immer der Erteilung einer Erlaubnis bedürfen. Bei der Erteilung wird es jedoch keine Rolle spielen, ob das Finanzdienstleistungsinstitut bereits eine andere KWG-Lizenz innehat.
b) Eingeschränkte KWG-Pflichten für Kryptoverwahrer
Mit der Erteilung einer Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft unterliegen Anbieter von Crypto-Wallets künftig als Finanzdienstleistungsinstitute den strengen Vorschriften des KWG. Ebenfalls erst auf den letzten Metern des Gesetzgebungsverfahrens wurde nun allerdings in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Bundestags eine Beschränkung dieser strengen Pflichten eingeführt:
Erbringt ein Unternehmen ausschließlich Kryptoverwahrgeschäft und keine sonstigen Finanzdienstleistungen, dann gelten gemäß dem künftigen § 2 Abs. 7b KWG-E diverse Pflichten nicht. Dies betrifft
- die Vorschriften zu Eigenmittel und Liquidität nach §§ 10, 10c bis 18 KWG und Maßnahmen zur Verbesserung der Eigenmittelausstattung und der Liquidität gemäß § 45 KWG,
- bestimmte Anzeigepflichten nach § 24 Abs. 1 Nr. 14 bis 14b KWG,
- die Vorgaben zur Errichtung einer Zweigniederlassung und Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen in anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums nach § 24a KWG,
- Vorgaben zur Vergütung für Mitarbeiter und Geschäftsleiter nach § 25a Abs. 5 KWG,
- Offenlegungspflichten nach § 26a KWG,
- die Vorgaben nach Artikel 39, 41, 50 bis 403 und 411 bis 455 der Kapitaladäquanzverordnung (EU) Nr. 575/2013.
Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs des Finanzausschusses trägt diese Einschränkung der Tatsache Rechnung, dass Kryptoverwahrer regelmäßig nur operationellen Risiken ausgesetzt seien. Durch die Ausnahmen nach § 2 Abs. 7b KWG-E wird das Aufsichtsregime des KWG für das Kryptoverwahrgeschäft weitgehend an dem bestehenden Reglement für die Drittstaateneinlagenvermittlung und das Sortengeschäft angelehnt. Sonstige KWG-Vorgaben, insbesondere zum Anfangskapital, zur Eignung der Geschäftsleiter, zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation (einschließlich der MaRisk und der BAIT) sowie Anzeige- und Meldepflichten bleiben hiervon unberührt.
2. Zugang zu technischen Schnittstellen wie z.B. Apple Pay-Schnittstellen für Near Field Communication und audio /voice – banking
Auf großes mediales Echo stieß schließlich eine neu eingeführte Pflicht bestimmter Unternehmen, Zahlungsdienstleistern Zugang zu technischen Infrastrukturleistungen zu gewähren. Laut Medienberichten soll diese neue Regelung konkret dazu geschaffen worden sein, um Banken und Sparkassen den seit langer Zeit begehrten Zugriff auf die NFC-Schnittstelle der iPhones von Apple zu gewähren. Damit könnten künftig auch mobile payment-Apps oder audio /voice banking Anwendungen anderer Anbieter auf iPhones genutzt werden.
Der diesbezügliche Entwurf des neuen § 58a des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (in der Entwurfsfassung: ZAG-E) adressiert zunächst „Unternehmen, die durch technische Infrastrukturleistungen zu dem Erbringen von Zahlungsdiensten oder dem Betreiben des E-Geld-Geschäfts im Inland beitragen (Systemunternehmen)“. Nach § 58a Abs. 2 ZAG-E sind davon allerdings Unternehmen ausgenommen, deren technische Infrastrukturleistungen im Zeitpunkt der Anfrage von weniger als zehn Zahlungsdienstleistern oder E-Geld-Emittenten in Anspruch genommen werden oder die weniger als 2 Millionen registrierte Nutzer haben. Nicht erfasst werden zudem Unternehmen, die mit ihren Infrastrukturleistungen nicht zum Erbringen von Zahlungsdiensten bzw. E-Geld-Geschäften beitragen, d.h. nach der Begründung des Finanzausschusses: „keine nutzbaren Funktionalitäten hierfür anbieten“.
Die betroffenen Systemunternehmen sind nach dem Gesetzentwurf künftig verpflichtet, auf Anfrage eines Zahlungsdienstleisters oder eines E-Geld-Emittenten ihre technischen Infrastrukturleistungen gegen angemessenes Entgelt unverzüglich und unter Verwendung angemessener Zugangsbedingungen zur Verfügung zu stellen. Dabei muss gewährleistet sein, dass das anfragende Unternehmen seine Zahlungsdienste oder E-Geld-Geschäfte ungehindert erbringen oder betreiben kann.
Das Gesetz ist in technischer Hinsicht bewusst offen formuliert. Im Kern soll nach der Begründung des Beschlusses des Finanzausschusses der Zugang zu technischen Schnittstellen ermöglicht werden, die von Bedeutung für das Erbringen von Zahlungsdiensten oder das Betreiben des E-Geld-Geschäfts sind. Das sind insbesondere die Schnittstelle für die kontaktlose Kommunikation mit dem mobilen Endgerät bei Bezahlvorgängen am point of sale (NFC-Schnittstelle) oder für audio- bzw. voice banking Anwendungen. Ob die gebotene Verfügbarkeit der technischen Infrastrukturleistungen zum Beispiel bei den Smartphones von Apple ausschließlich über den erhofften Zugang zu solchen Schnittstelle gewährt werden kann, wird sich zeigen. Auch die Voraussetzung einer Gegenleistung in Form eines „angemessenen Entgelts“ birgt Konfliktpotential.
Des Weiteren kann das Systemunternehmen nach § 58a Abs. 3 ZAG-E eine Zurverfügungstellung mit sachlich gerechtfertigten Gründen ablehnen. Laut dem Gesetzentwurf sollen sich solche Gründe insbesondere aus einer konkreten Gefährdung der Sicherheit und Integrität der technischen Infrastrukturleistungen ergeben. Die Beweislast trägt insoweit das Systemunternehmen.
Die geplante neue Regelung stieß auch deshalb auf mediales Interesse, weil sie relativ spät, nämlich erstmals in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Bundestags zum Umsetzungsgesetz zur 5. Geldwäscherichtlinie auftauchte. Diese Beschlussempfehlung wurde erst am 13. November 2019 und damit nur einen Tag vor der endgültigen Abstimmung des Bundestags publik gemacht.
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