Bundesregierung ebnet Weg zu neuem Sanierungsrecht – der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen nach dem StaRUG im Überblick

Das Kernelement des Entwurfs ist das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz – StaRUG), das der Umsetzung der europaweit geltenden Vorgaben der Richtlinie RL (EU) 2019/1023 über präventive Restrukturierungsrahmen (Restrukturierungsrichtlinie) dient.

Mit dem StaRUG wird ein gesetzlicher Rahmen geschaffen, der Schuldnern eine insolvenzabwendende Sanierung ermöglicht, ohne dass die Sanierung (wie bisher) konsensual erfolgen muss. Vielmehr wird künftig eine außergerichtliche Sanierung auf Basis eines Restrukturierungsplans möglich sein, welcher von den hiervon betroffenen Gläubigern mehrheitlich angenommen wurde.

Der Entwurf des StaRUG (StaRUG-E) gliedert sich in die vier Teile Krisenfrüherkennung- und -management (Teil 1), Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (Teil 2), Sanierungsmoderation (Teil 3) und Frühwarnsysteme (Teil 4), wobei Teil 2 – wie schon der Titel des Gesetzes vermuten lässt – den Schwerpunkt bildet. Der Inhalt soll im Folgenden skizziert werden:

Krisenfrüherkennung- und -management (Teil 1 StaRUG-Entwurf)

§ 1 des StaRUG-E verpflichtet die Mitglieder der Geschäftsführungsorgane juristischer Personen (Geschäftsleiter) zur fortlaufenden Überwachung im Hinblick auf Entwicklungen, die den Fortbestand der juristischen Person gefährden können. Entsprechendes gilt für die Geschäftsleiter der geschäftsführenden Gesellschafter von Personengesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Der Adressatenkreis der Regelungen ist somit dem der Insolvenzantragspflicht gemäß § 15a Insolvenzordnung (InsO) nachgebildet. Erkennen die Geschäftsleiter bestandsgefährdende Entwicklungen, haben sie geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen, den jeweiligen Überwachungsorganen zu berichten und etwaige weitere zuständige Organe zu befassen.

Tritt drohende Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 18 InsO ein, sind die Geschäftsleiter gemäß § 2 Abs. 1 StaRUG-E zur Wahrung der Interessen der Gesamtheit der Gläubiger (!) verpflichtet, wobei eine Pflichtverletzung dann nicht vorliegen soll, wenn der Geschäftsleiter davon ausgehen konnte, auf der Grundlage angemessener Informationen die Interessen aller Gläubiger zu wahren. Liegt dagegen eine Pflichtverletzung vor und trifft den jeweiligen Geschäftsleiter insoweit ein Verschulden, haftet er gegenüber der Gesellschaft für den entstandenen Schaden.

Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (Teil 2 StaRUG-E)

Ziel aller Sanierungsbemühungen ist die Erstellung eines Restrukturierungsplans. Die Initiative hierfür geht nach der Konzeption des Gesetzes vom Schuldner aus, der den Plan grundsätzlich in Eigenregie ausarbeiten, verhandeln und unter den Gläubigern, deren Rechtsverhältnisse durch den Restrukturierungsplan geändert werden sollen (sog. Planbetroffene, vgl. § 9 StaRUG-E), zur Abstimmung bringen soll. Dem folgt die Systematik des Gesetzentwurfs, der die durch den Plan gestaltbaren Rechtsverhältnisse, die (formalen und inhaltlichen) Anforderungen an den Restrukturierungsplan sowie dessen Abstimmung vor die Klammer zieht (§§ 4 bis 30 StaRUG-E).

Der Sache nach handelt es sich bei dem Restrukturierungsplan um einen Vertrag zwischen dem Schuldner und den Planbetroffenen. Nehmen alle Planbetroffenen das auf die Annahme des Restrukturierungsplans gerichtete Angebot des Schuldners an (sog. Planangebot, vgl. § 19 Abs. 1 StaRUG-E), wird der Restrukturierungsplan wirksam. Eine gerichtliche Beteiligung ist dann nicht erforderlich.

Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens

Anders ist dies, wenn der Schuldner die in § 31 Abs. 2 StaRUG-E genannten Verfahrenshilfen (Instrumente) in Anspruch nehmen will. Hierzu gehört allen voran die Möglichkeit, einem von den Planbetroffenen mehrheitlich angenommenen Restrukturierungsplan durch dessen gerichtliche Bestätigung auch gegenüber solchen Planbetroffenen zur Wirksamkeit zu verhelfen, die dem Restrukturierungsplan nicht zugestimmt haben (§ 74 Abs. 1 StaRUG-E). Neben dieser sog. Planbestätigung sieht der StaRUG-E folgende Instrumente vor:

  • die Durchführung eines gerichtlichen Planabstimmungsverfahrens (gerichtliche Planabstimmung);
  • die gerichtliche Beendigung von gegenseitigen, noch nicht beidseitig erfüllten Verträgen (Vertragsbeendigung);
  • die gerichtliche Anordnung von Regelungen zur Einschränkung von Maßnahmen der individuellen Rechtsdurchsetzung (Stabilisierung); und
  • die gerichtliche Vorprüfung von Fragen, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich sind (Vorprüfung).

Zugangsvoraussetzungen

Zugang zu den Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens haben neben juristischen Personen und Personengesellschaften auch natürliche Personen, soweit diese unternehmerisch tätig sind (§ 32 StaRUG-E). Ausgenommen sind jedoch Unternehmen der Finanzbranche im Sinne des § 1 Abs. 19 des Kreditwesengesetzes (§ 32 StaRUG-E).

In sachlicher Hinsicht wurden die Zugangsvoraussetzungen in der Literatur zur Restrukturierungsrichtlinie intensiv diskutiert. Im Kern ging es dabei um die Reichweite des der Richtlinie zu entnehmenden sog. Abstandsgebots zwischen dem – nach Maßgabe der Richtlinie von den nationalen Gesetzgebern zu definierenden Begriff – der wahrscheinlichen Insolvenz (die den Zugang zum präventiven Restrukturierungsrahmen eröffnet) und der Insolvenz selbst (die diesen verschließt). Während Teile der Literatur dafür plädierten, die wahrscheinliche Insolvenz zeitlich vor dem frühestmöglichen Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit (fakultativer Eigenantrag gemäß § 18 InsO) zu verorten, wurde überwiegend eine Gleichsetzung beider Begriffe favorisiert. Dem folgt nun auch der StaRUG-E und knüpft den Zugang zu den Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens an eine bestehende drohende Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 18 InsO.

Dem von der Gegenmeinung dagegen vorgebrachten Einwand bestehender Abgrenzungsschwierigkeiten zum zwingenden Insolvenzgrund der Überschuldung (§ 19 InsO) begegnet der Entwurf, indem er die jeweiligen Prognosezeiträume nunmehr in Gesetzesform gießen will: Bei der zur Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit anzustellenden Liquiditätsprognose soll künftig in aller Regel die Entwicklung der nächsten vierundzwanzig Monate einfließen (18 Abs. 2 Satz 2 InsO-E), während bei der im Rahmen der Überschuldungsprüfung vorzunehmenden Fortführungsprognose künftig ein Zeitraum von 12 Monaten maßgeblich sein soll (§ 19 Abs. 2 Satz 1 InsO-E). Hierdurch sollen Abgrenzungsschwierigkeiten verringert werden. Daneben soll die Frist zur Stellung des Insolvenzantrags im Fall der Überschuldung von bisher drei auf sechs Wochen verlängert werden (§ 15a Abs. 1 S. 2 InsO-E).

Auf der Verfahrensseite setzt der Zugang zu den Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens gemäß § 33 StaRUG-E die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei dem zuständigen Amtsgericht als Restrukturierungsgericht voraus (vgl. insoweit § 36 Abs. 1 StaRUG-E). Damit wird die Restrukturierungssache rechtshängig (§ 36 Abs. 3 StaRUG-E).

Auswahl der Planbetroffenen und Abstimmung über den Restrukturierungsplan

Die Auswahl der Planbetroffenen nimmt der Schuldner nach pflichtgemäßem Ermessen selbst vor. Dies hat nach dem Kriterium der Sachgerechtigkeit zu erfolgen (§ 10 StaRUG-E). Soweit Gläubiger mit unterschiedlicher Rechtsstellung Planbetroffene sind, werden diese in Gruppen eingeteilt (§ 11 StaRUG-E).

Die Abstimmung über den Restrukturierungsplan unterliegt grundsätzlich der Parteiautonomie, wobei mangels abweichender Vereinbarung sowohl das Planangebot als auch dessen Annahme der Schriftform unterliegen (§ 19 Abs. 4 StaRUG-E). Daneben kann die Planabstimmung im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen (§ 22 StaRUG-E) sowie auf Antrag des Schuldners im Rahmen eines gerichtlichen Planabstimmungsverfahrens erfolgen (§§ 25, 47 f. StaRUG-E).

Bei der Ermittlung der zur Annahme des Restrukturierungsplans erforderlichen Mehrheit kommt es zunächst auf die Mehrheitsverhältnisse (der Stimmrechte) innerhalb der einzelnen Gruppen an. Wird in jeder Gruppe eine Dreiviertelmehrheit erreicht, ist der Plan angenommen (§ 27 Abs. 1 StaRUG-E).

Der als zentrale Neuerung im Vorfeld vieldiskutierte klassenübergreifende cram-down hat in § 28 Eingang in den StaRUG-E gefunden. Danach gilt der Restrukturierungsplan auch als durch solche Gruppen angenommen, in denen die erforderliche Dreiviertelmehrheit verfehlt wurde, wenn (i) Mitglieder der ablehnenden Gruppe durch den Plan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne den Plan stünden, (ii) sie angemessen an dem den Planbetroffenen aufgrund des Plans zufließenden Wert (sog. Planwert) beteiligt werden (siehe insoweit die in § 29 f. StaRUG-E vorgesehene absolute Priorität und deren Durchbrechung) und (iii) die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Restrukturierungsplan zugestimmt hat. Dabei dürfen die zustimmenden Gruppen nicht ausschließlich aus Anteilseignern und nachrangigen Restrukturierungsgläubigern bestehen (§ 28 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG-E a.E.).

Gibt es nur zwei Gläubigergruppen, genügt gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 3 Hs. 2 StaRUG-E grundsätzlich die Zustimmung der anderen Gruppe. Das ist insofern beachtlich, als der Entwurf damit über die Vorgaben der Richtlinie hinausgeht, welche den Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Ausgestaltung der Mehrheitserfordernisse weite Spielräume ließ. Eine Einschränkung erfährt der klassenübergreifende cram-down durch § 28 Abs. 2 StaRUG-E: Auf Gruppen, die aus Rechteinhabern aus gruppeninternen Drittsicherheiten bestehen, findet der cram-down nur dann Anwendung, wenn die Mitglieder dieser Gruppen für den zu erleidenden Rechtsverlust angemessen entschädigt werden.

Planbestätigung und Beendigung von Verträgen

Verbindlich im Verhältnis zu allen Planbetroffenen wird der mehrheitlich angenommene Restrukturierungsplan wie dargelegt gemäß § 74 StaRUG-E nur dann, wenn das Restrukturierungsgericht auf Antrag des Schuldners den Plan bestätigt. Zur Klärung von Fragen, die für die gerichtliche Planbestätigung relevant sind, kann der Schuldner eine Vorprüfung durch das Restrukturierungsgericht vornehmen lassen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Planabstimmung gerichtlich oder außergerichtlich erfolgt (§§ 48 ff. StaRUG-E).

Gleichzeitig mit dem Antrag auf Planbestätigung kann der Schuldner die gerichtliche Vertragsbeendigung beantragen (§§ 51 ff. StaRUG-E). Dieses Instrument zielt auf die Beseitigung von Verträgen, deren Nichtbeendigung sich nachteilig auf den Sanierungserfolg auswirken würde. Voraussetzung für die Inanspruchnahme dieses Instruments ist zum einen, dass der im Planbestätigungsverfahren vorgelegte Plan weitere Restrukturierungsmaßnahmen vorsieht (§ 51 Abs. 1 StaRUG-E); zum anderen darf die beantragte Vertragsbeendigung unter Zugrundelegung des Sanierungskonzepts nicht offensichtlich unsachgerecht sein (§ 51 Abs. 2 StaRUG-E). Damit bringt der Gesetzentwurf zum Ausdruck, worum es hier geht: Die Vertragsbeendigung als Baustein eines umfassenden Sanierungskonzepts – und nicht die Beseitigung missliebiger Verträge.

Stabilisierungsanordnung

Die – im Vorfeld meist als Moratorium bezeichnete – gerichtliche Anordnung von Durchsetzungssperren mit korrespondierender Aussetzung von Insolvenzanträgen ist in §§ 56 ff. StaRUG-E geregelt. Danach kann das Gericht auf Antrag des Schuldners für die Dauer von bis zu drei Monaten plus Verlängerungsoption Vollstreckungs- und Verwertungssperren anordnen, und zwar sowohl gegenüber einzelnen als auch gegenüber mehreren oder allen Gläubigern (nicht nur Planbetroffenen).

Trotz Verwertungssperre ist der Schuldner gemäß § 61 Abs. 1 StaRUG-E grundsätzlich weiterhin zur Zahlung von Zinsen und Ausgleich von durch Nutzung eingetretenen Wertverlust verpflichtet. Eine Ausnahme soll dann gelten, wenn nach Höhe der Forderung und der sonstigen Belastung des Gegenstands mit einer Befriedigung des Gläubigers aus dem Verwertungserlös nicht zu rechnen ist. Erlöse aus der Einziehung von sicherungshalber abgetretenen Forderungen oder der Veräußerung oder Verarbeitung von belasteten Gegenständen sind an den Berechtigten auszukehren oder unterscheidbar zu verwahren, soweit mit dem Berechtigten keine andere Vereinbarung getroffen wurde (§ 61 Abs. 2 StaRUG-E).

Vertragsrechtlich bewirkt die Stabilisierungsanordnung gemäß § 62 Abs. 1 StaRUG-E eine Beschränkung von Kündigungs-, Leistungsverweigerungs- und -änderungsrechten von Gläubigern, soweit solche Rechte allein wegen zum Zeitpunkt der Stabilisierungsanordnung rückständigen Leistungen ausgeübt werden. Dies soll allerdings gemäß § 62 Abs. 2 StaRUG-E dann nicht gelten, wenn der Schuldner für die Fortführung des Unternehmens nicht auf die dem Gläubiger obliegende Leistung angewiesen ist. Unbenommen bleiben dem Gläubiger nach § 62 Abs. 3 StaRUG-E auch die Rechte (i) zur Verweigerung von Leistungsteilen, die auf die rückständige Leistung des Schuldners entfallen, (ii) zur Unsicherheitseinrede nach § 321 BGB sowie (iii) das Kündigungsrecht des Darlehensgebers (oder Gläubigers anderer Kreditzusagen) vor Auszahlung gemäß § 490 Abs. 1 BGB.

Den der Stabilisierungsanordnung inhärenten Missbrauchsrisiken steht eine persönliche Haftung der Geschäftsleiter gegenüber, wenn diese schuldhaft unrichtige Angaben machen oder Einziehungs- bzw. Veräußerungserlöse nicht ordnungsgemäß auskehren (§ 64 StaRUG-E).

Anfechtungs- und Haftungsprivilegien und “Safe Harbour”

§§ 96 und 97 StaRUG-E enthalten anfechtungs- und haftungsrechtliche Privilegierungen, die insbesondere im Fall von neuen Finanzierungen relevant werden.

§ 96 StaRUG-E stellt klar, dass ein sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung oder eine vorsätzlich die Gläubiger benachteiligende Rechtshandlung nicht allein aus dem Grund angenommen werden kann, dass ein an der Rechtshandlung Beteiligter Kenntnis von der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache oder der Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens hatte. Ob die Vorschrift tatsächlich zu der vielerorts propagierten Reduzierung der Haftungsrisiken von Kreditgebern nach § 826 BGB führt, bleibt abzuwarten. Denn natürlich ist die Kenntnis von Sanierungsbemühungen für sich genommen auch nach bestehender Rechtslage kein haftungsauslösender Umstand. Umgekehrt wird eine laufende Restrukturierungssache die Haftung aus § 826 BGB nicht per se ausschließen, sodass weiterhin die Vorlage eines den BGH-Anforderungen genügenden Sanierungsgutachtens erforderlich sein dürfte.

§ 97 Abs. 1 StaRUG-E enthält einen umfassenden Anfechtungsausschluss für Regelungen eines rechtskräftig bestätigten Restrukturierungsplans sowie für Rechtshandlungen, die im Vollzug eines solchen Plans erfolgen. Ausnahmen sieht die Vorschrift vor (i) für gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangige Forderungen aus Gesellschafterdarlehen oder diesen wirtschaftlich entsprechenden Rechtshandlungen sowie diesbezügliche Sicherheitsleistungen, die nach § 135 InsO anfechtbar sind und (ii) wenn die Planbestätigung mit Kenntnis des anderen Teils aufgrund unrichtiger oder unvollständiger Angaben des Schuldners erfolgte. Sieht der Restrukturierungsplan die Übertragung des gesamten Schuldnervermögens oder wesentlicher Teile davon vor, gilt der Anfechtungsausschluss nur, wenn sichergestellt ist, dass nicht planbetroffene Gläubiger vor Planbetroffenen bevorzugt befriedigt werden (§ 97 Abs. 1 StaRUG-E).

Der Restrukturierungsbeauftragte

Ebenso wie eine Befassung des Restrukturierungsgerichts, ist auch die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten nur in bestimmten Fällen erforderlich. Diese erfolgt – sofern nicht von Amts wegen – nur auf Antrag des Schuldners. Eine Bestellung von Amts wegen, bei der der Schuldner generell ein Vorschlagsrecht hat (vgl. § 80 Abs. 2 StaRUG-E), sieht § 80 Abs. 1 StaRUG-E unter anderem vor im Falle der Beantragung einer Stabilisierungsanordnung, die sich gegen (im Wesentlichen) alle Gläubiger richten soll oder wenn absehbar ist, dass die Annahme des Restrukturierungsplans nur über den klassenübergreifenden cram-down (§ 28 StaRUG-E) erreicht wird. Letzteres soll jedoch nicht gelten, wenn an der Restrukturierung ausschließlich Unternehmen des Finanzsektors beteiligt sind (§ 80 Abs. 2 StaRUG-E). Die Aufgaben des Restrukturierungsbeauftragten regelt § 83 StaRUG-E. Danach trifft den Restrukturierungsbeauftragen unter anderem die Pflicht, das Restrukturierungsgericht zu benachrichtigen, wenn er Umstände feststellt, die gemäß § 35 StaRUG die Aufhebung der Restrukturierungssache rechtfertigen. Im Falle einer Stabilisierungsanordnung hat er fortlaufend zu prüfen, ob deren Voraussetzungen fortbestehen. Wurde der Restrukturierungsbeauftrage von Amts wegen bestellt, kann das Gericht ihm zudem umfassende Prüfungs- und Überwachungsbefugnisse übertragen.

Sanierungsmoderation

Teil 3 des StaRUG-E trifft Regelungen über eine vor Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen mögliche Sanierungsmoderation. Danach kann das Gericht auf Antrag eines restrukturierungsfähigen Schuldners eine geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige Person für die Dauer von bis zu drei Monaten zum Sanierungsmoderator bestellen (§§ 100 f. StaRUG-E).

Die Aufgabe des Sanierungsmoderators besteht in der Vermittlung zwischen Schuldner und Gläubigern zur Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten (§ 102 StaRUG-E). Ein zwischen dem Schuldnern und seinen Gläubigern geschlossener Sanierungsvergleich, an dem sich auch Dritte beteiligen können, kann auf Antrag des Schuldners gerichtlich bestätigt werden (§ 103 StaRUG-E). Nimm der Schuldner Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens in Anspruch, bleibt der Sanierungsmoderator im Amt, bis der Bestellungszeitraum abläuft, er vom Gericht abberufen wird oder ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt wird (§ 106 Abs. 1 StaRUG-E). Der Sanierungsmoderator kann auch selbst zum Restrukturierungsbeauftragen bestellt werden (§ 106 Abs. 2 StaRUG-E).

Frühwarnsysteme

Der lediglich aus den §§ 107 und 108 bestehende vierte Teil des StaRUG-E hat Informationen zu Frühwarnsystemen sowie Hinweis- und Warnpflichten zum Inhalt.

Bei ersterem geht es um die Bekanntmachung von durch öffentliche Stellen bereitgestellte Instrumentarien zur Krisenfrüherkennung. Dies soll künftig zentral über die Webseite des Bundesjustizministeriums erfolgen. Letzteres betrifft die Verpflichtung der Ersteller von Jahresabschlüssen, ihre Mandanten ggf. auf vorliegende Insolvenzgründe sowie daraus resultierende Pflichten hinzuweisen.

Fazit und Ausblick

Die Ermöglichung einer Sanierung “früh, schnell und still” – das war die durch die Restrukturierungsrichtlinie vorgegebene Marschroute, die nunmehr im Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen mündet. Mit dem StaRUG-E hat die Bundesregierung ein Regelungswerk von beachtlicher Detailtiefe vorgelegt, das mehr als die in der öffentlichen Wahrnehmung dominierende Abkehr vom Prinzip der konsensualen Sanierung zur Bekämpfung sog. Holdout-Strategien ist. Damit dürfte der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen das Potential haben, auch abseits der finanziellen Restrukturierung einen festen Platz in der Sanierungslandschaft einzunehmen.

Dabei kann der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen Fluch und Segen zugleich sein. Für Schuldner, weil die Beurteilung, ob (noch) Restrukturierungsfähigkeit oder (schon) Insolvenzreife vorliegt, keineswegs ein Selbstläufer ist und eine fehlerhafte Beurteilung für die Geschäftsleiter mit erheblichen Haftungsrisiken verbunden ist. Für Banken und sonstige Gläubiger, weil die ggf. zu erleidenden Rechtsverluste trotz aller Abdämpfungsmechanismen doch erheblich sein können.

Jedenfalls sollten Entscheider den neuen Rechtsrahmen frühzeitig in den Blick nehmen, um im Bedarfsfall früh und schnell in der erforderlichen Weise reagieren zu können.

Der Autor dankt dem Wissenschaftlichen Mitarbeiter Herrn Antonius A. Achtner für die wertvolle Mitarbeit an diesem Beitrag.

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