Kryptowerte, Kryptoverwahrgeschäft und neue KYC-Pflichten für Crowdinvesting-Plattformen?
Neben zahlreichen weiteren Änderungen insbesondere im Geldwäschegesetz bringt der Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (Richtlinie (EU) 2018/843) („RefE“, hier abrufbar, beabsichtigter Inkrafttretensstichtag: 1. Januar 2020) drei wichtige Neuerungen im Kreditwesengesetz (KWG) und Geldwäschegesetz (GwG):
- die Definition des „Kryptowertes“ als Finanzinstrument im Sinne des KWG,
- die neue erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung des „Kryptoverwahrgeschäfts“ im KWG, und
- die Einbeziehung von Finanzanlagenvermittlern nach § 34f GewO ohne Bezug zu „bankmäßig“ emittierten oder vertriebenen Anlagen in den Kreis der geldwäscherechtlich Verpflichteten.
1. Kryptowerte als Finanzinstrument
Der Referentenentwurf regelt „Kryptowerte“ als neue Kategorie des Finanzinstruments in § 1 Abs. 11 Nr. 10 i.V.m. Abs. 11 S. 4 und 5 KWG. Damit öffnet sich zukünftig der Kosmos der erlaubnispflichtigen Bank- und Finanzdienstleistungen in § 1 Abs. 1 und 1a KWG für Anbieter von Dienstleistungen mit Bezug zu Crypto-Token, die nicht zugleich virtuelle Währungen sind. Letztere sind nach Ansicht der BaFin bislang schon über § 1 Abs. 11 Nr. 7 als Rechnungseinheit hiervon erfasst.
Danach sind Finanzinstrumente nach § 1 Abs. 11 Nr. 10 KWG zukünftig auch „Kryptowerte, soweit nicht von [§ 1 Abs. 11] Nr. 1 bis 9 [KWG] erfasst“. Definiert sind Kryptowerte in § 1 Abs. 11 S. 4 und 5 KWG wie folgt: „Kryptowerte im Sinne dieses Gesetzes [sind] digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient und der auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann.“ Keine Kryptowerte im Sinne dieser Definition sind nach Satz 2 der Bestimmung: (1) E-Geld nach § 1 Abs. 2 S. 3 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG), (2) auf Instrumenten gespeicherte monetäre Werte, die lediglich in Verbundzahlungssystemen i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG (begrenzte Dienstleisterzahl oder zum Erwerb eines begrenzten Leistungsspektrums) eingesetzt werden können sowie (3) monetäre Werte, die für Zahlungsvorgänge bis insgesamt EUR 300 und EUR 50 pro Zahlungsvorgang durch Anbieter von Kommunikationsdiensten für den Erwerb von Tickets oder digitalen Diensten bereitgestellt werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 11 ZAG).
Der RefE folgt mit der Definition des „Kryptowertes“ dem Anspruch des Europäischen Gesetzgebers in Art. 1 Nr. 2 lit. d) Richtlinie (EU) 2018/843, in dem „virtuelle Währungen“ entsprechend wie nun „Kryptowerte“ definiert sind. Hierdurch will der Europäische Gesetzgeber zugleich Tauschbörsen zum Umtausch von Kryptowährung in Fiatwährung und umgekehrt sowie Wallet-Anbieter dem Geldwäscherecht unterwerfen (Art. 1 Nr. 1 lit. c) Richtlinie (EU) 2018/843).
Der RefE greift weiter und löst sich zunächst vom Begriff der „virtuellen Währung“. Mit Verweis auf Erwägungsgrund 10 Richtlinie (EU) 2018/843, der auch virtuelle Währungen mit über die Zahlungs- und Tauschfunktion hinausgehender Investitionsfunktion nennt, will der RefE nicht nur virtuelle Währungen mit Zahlungs- oder Tauschfunktion außerhalb geschlossener Systeme, sondern im Wege eines Auffangtatbestandes auch sonstige Token mit Anlage- oder Investitionsfunktion erfassen. Ausdrücklich genannt werden „Security Token und Investment Token, die ggf. als Schuldtitel, Vermögensanlage oder Investmentvermögen nach § 1 Abs. 11 S. 1 Nrn. 2, 3 und 5 einzustufen sein können.“ (RefE. S. 109). Die bislang von der BaFin vorgenommene Einstufung von virtuellen Währungen mit Zahlungs- und Tauschfunktion wie Bitcoin, Ether & Co. als Rechnungseinheiten i.S.v. § 1 Abs. 10 Nr. 7 KWG soll dabei ausdrücklich aufrechterhalten werden (RefE S. 109). Klar ist nach der Definition des „Kryptowertes“, dass nur auf elektronischem Wege übertragbare, speichbare und handelbare Token erfasst werden. Nicht erfasst sind umgekehrt Token, die (lediglich) als auf internen Datenbankeinträgen des Emittenten beruhende elektronische Inhabernachweise konzipiert sind oder Token, deren Handelbarkeit der Emittent anderweitig technisch oder rechtlich ausschließt. Unklar ist der o.g. Verweis des RefE auf die Einstufung als Schuldtitel, Vermögensanlagen oder Investmentvermögen. Denn fallen Token in eine dieser Kategorien, so ist § 1 Abs. 11 Nr. 10 KWG nach seinem ausdrücklichen Wortlaut gerade nicht einschlägig, sondern eben eine der Kategorien des Finanzinstrumentes nach § 1 Abs. 11 S. 1 Nrn. 2, 3 und 5.
2. Kryptoverwahrgeschäft als Finanzdienstleistung
Neue erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung in § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 6 KWG soll das Kryptoverwahrgeschäft werden. Anbieter von Kryptoverwahrgeschäft werden hierdurch zu geldwäscherechtlich Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 GwG. Kryptoverwahrgeschäft ist hiernach „die Verwahrung, die Verwaltung und die Sicherung von Kryptowerten oder privaten kryptografischen Schlüsseln, die dazu dienen, Kryptowerte zu halten, zu speichern und zu übertragen, für andere (Kryptoverwahrgeschäft)“. Nach der Begründung des RefE (S. 108) sollen hierdurch im Interesse eines effektiven Kundenschutzes „alle digitalen Wertdarstellungen im Sinne des neuen § 1 Absatz 11 Satz 1 Nummer 10, auch wenn diese aufgrund ihrer konkreten Ausgestaltung im Einzelfall einer anderen Kategorie des Finanzinstrumentenbegriffs im Sinne des § 1 Absatz 11 Satz 1 zuzuordnen sind“ erfasst werden. Das bedeutet etwa, dass die genannten Verwahr- und Verwaltungsdienstleistungen auch dann erlaubnispflichtig sind, wenn sie aktien- oder schuldtitelähnliche Token oder die privaten Schlüssel, die für ihre Übertragung benötigt werden, betreffen und der betreffende Token damit nicht als Finanzinstrument i.S.v. § 1 Abs. 11 Nr. 10 KWG n.F. ausgestaltet ist. Qualifizieren Kryptowerte zugleich als Wertpapiere (wie regelmäßig Security Token oder Investment Token), ist § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 5 KWG (Depotgeschäft) künftig lex specialis zu § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 6 KWG. Werden solche Wertpapiere ausschließlich für AIFs nach § 1 Absatz 3 Kapitalanlagegesetzbuch verwaltet oder verwahrt, gilt dasselbe für § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 12 KWG (eingeschränktes Verwahrgeschäft).
3. Bestimmte Finanzanlagenvermittler werden geldwäscherechtlich Verpflichtete
An versteckter Stelle regelt der RefE eine bedeutende Veränderung des Pflichtenprogramms von Finanzanlagenvermittlern. Über die neue Definition des Finanzunternehmens in § 1 Abs. 24 Nr. 4 GwG werden Finanzanlagenvermittler i.S.v. § 34f GewO zu geldwäscherechtlich Verpflichteten i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 6 GwG n.F. Dies soll nur dann nicht gelten, wenn sie ausschließlich Finanzanlagen vermitteln, die von anderen Verpflichteten i.S.v. § 2 GwG vertrieben oder emittiert werden (RefE S. 68). Die Vorschrift ist nicht durch die Richtlinie (EU) 2018/843 veranlasst und soll nach der Begründung des RefE „auch mit Blick auf die nach dem Koalitionsvertrag vorgesehene Aufsichtsübertragung auf die BaFin“ eingeführt werden. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode heißt es insoweit (S. 135): „Wir werden zur Herstellung einer einheitlichen und qualitativ hochwertigen Finanzaufsicht die Aufsicht über die freien Finanzanlagevermittler schrittweise auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht übertragen. Dabei wollen wir sicherstellen, dass die dadurch bei den Ländern freiwerdenden Aufsichtskapazitäten zur Stärkung der Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzbereich verwendet werden.“ Eine Zuständigkeitsübertragung auf die BaFin über eine Ergänzung von § 50 GwG ist im RefE allerdings nicht vorgesehen.
Möglicherweise beabsichtigte Folge des § 1 Abs. 24 Nr. 4 GwG n.F. könnte eine erstmalige geldwäscherechtliche Regulierung z.B. von Crowdinvesting-Plattformen sein, die bislang ausschließlich qualifiziert nachrangige Darlehen vermitteln. Denn diese Anlagen werden typischerweise nicht von Verpflichteten i.S.d. § 2 GwG, sondern von sonstigen Unternehmen (Handelsunternehmen, Immobilienzweckgesellschaften etc.) emittiert. Da § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG aber auch „Güterhändler“ zu den Verpflichteten zählt, würde § 1 Abs. 24 Nr. 4 GwG in der Fassung des RefE wiederum nicht für Emittenten von Nachrangdarlehen gelten, die zugleich „Güterhändler“ sind. Nach Art. 1 Nr. 2 lit. c) RefE (§ 1 Abs. 9 GwG n.F.) ist Güterhändler „wer gewerblich Güter veräußert oder erwirbt, unabhängig davon, in wessen Namen oder auf wessen Rechnung.“ Gemäß der Gesetzesbegründung der Vorgängervorschrift sind Güter „alle beweglichen und nicht beweglichen Sachen, unabhängig von ihrem Aggregatzustand, die einen wirtschaftlichen Wert haben und deshalb Gegenstand einer Transaktion sein können.“ (BT-Drs. 18/11555, S. 103). Bliebe es bei der gegenwärtigen Fassung des § 1 Abs. 24 Nr. 4 GwG müsste für die Verpflichteteneigenschaft von Finanzanlagenvermittlern nach Emittenten aus den Bereichen Dienstleistung einerseits und Güterhandel andererseits differenziert werden. Das kann nicht sinnvoll sein. § 1 Abs. 24 Nr. 4 GwG in der Fassung des RefE ist daher schlicht zu streichen.
- Die EU-KI-Verordnung und ihre Auswirkungen auf die (teil-) automatisierte Kreditvergabe
- Das Verbot des Gebührenmodells Payment for Order Flow („PFOF“) durch die EU und die Aufsichtsmitteilung der BaFin zum Umgang mit dem PFOF-Verbot
- Online-Beurkundungen – Schritt für Schritt auf dem Weg zur Digitalisierung im Notariat