Beteiligungsfinanzierung über Kapitalpools – Investmentvermögen nach KAGB?

Vor allem in frühen Phasen der Start-up-Finanzierung werden Beteiligungen von Investoren (v.a. Business Angels, Pre-Seed-, Seed-Investoren), in unterschiedlich rechtlich verfassten Beteiligungsstrukturen gepoolt. Das bringt für Gesellschaft und Investoren u.a. den Vorteil, Entscheidungsprozesse der Investoren im Außenverhältnis zur Gesellschaft zu vereinfachen, den Gesellschafterkreis überschaubar zu halten und Haftungsschirme zu spannen.

Ist die Beteiligungsstruktur als Investmentvermögen im Sinne des KAGB anzusehen, so bestehen grundsätzlich Erlaubnis- oder Registrierungspflichten nach §§ 20 ff. KAGB bzw. Registrierungspflichten nach § 44 KAGB, deren Nichtbefolgung strafrechtliche Folgen für die handelnden Personen nach sich zieht (§ 339 Abs. 1 KAGB). Investmentvermögen ist nach § 1 Abs. 1 KAGB jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist.

In welchen der genannten Konstellationen Beteiligungspools Investmentvermögen sind, ist bislang weder gesetzlich oder durch die Vorgaben der Aufsichtsbehörden (BaFin und ESMA) abschließend geklärt. Differenziert man wie folgt nach der rechtlichen Struktur und Zielsetzung des Pools, so lassen sich aber belastbare Maßstäbe erkennen.

1. Fallgruppen des Beteiligungspools

Stimmrechtspool. Verschiedene Investoren einer Gesellschaft vereinbaren, ihre Stimmrechte zu bündeln und durch einen Poolvertreter einheitlich auszuüben. Gesellschafterrechte werden durch den Pool nicht tangiert.

Treuhandmodell: Ein Treuhänder hält im Außenverhältnis zur Gesellschaft die Beteiligungen der Investoren, wirtschaftlich bleiben sie den einzelnen Investoren zugeordnet.

Kapitalpool: Investoren bündeln ihre Beteiligungen durch Zwischenschaltung einer direkt an der Gesellschaft beteiligten InvestCo (z.B. in der Rechtsform einer GmbH, KG oder GbR), an welcher sie entweder unmittelbar als natürliche Person oder vermittelt durch ein weiteres Investitionsvehikel beteiligt sind.

2. Maßstäbe der Aufsichtsbehörden

Während Stimmrechtspools und Treuhandmodelle der beschriebenen Form bereits mangels Kapitalsammelfunktion und fehlender Verfasstheit als „Organismus“ typischerweise keine Investmentvermögen sind, bereitet die Einordnung von Kapitalpools größere Schwierigkeiten.

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) nennt in Ziffer VI. Nr. 12 der Leitlinien zu Schlüsselbegriffen der AIFM-Richtlinie vom 13.08.2013, berichtigt am 30.01.2014, (ESMA/2013/611) folgende Merkmale, bei deren kumulativen Vorliegen ein Investmentvermögen anzunehmen sein soll:

  • Der Organismus verfügt über keinen allgemein-kommerziellen oder –industriellen Zweck.
  • Der Organismus bündelt das bei seinen Anlegern zum Zweck der Anlage beschaffte Kapital zur Erzielung einer Gemeinschaftsrendite für diese Anleger.
  • Die Anteilseigner des Organismus besitzen – als Gruppe – keine laufende Ermessens- bzw. Kontrollbefugnis über den Organismus, wobei trotz bestehender Ermessens- und Kontrollrechte lediglich einzelner Gruppenmitglieder ein Investmentvermögen vorliegen können soll. Ermessens- und Kontrollrechte sind laut ESMA solche Rechte, die im Hinblick auf „die tägliche Verwaltung der Vermögenswerte des Organismus bestehen und über die mit der Rechtsform der Beteiligung verbundenen Gesellschafterrechte hinausgehen“ (Ziffer II. der Leitlinien).

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bietet in ihrem Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“ vom 14.06.2013, zuletzt geändert am 09.03.2015 noch keine befriedigende Lösung für das Kapitalpooling. Danach kann bei sog. „Investmentclubs“ in Form von Kapitalpools zwar das in § 1 Abs. 1 KAGB genannte Tatbestandsmerkmal des „Einsammelns von Kapital durch den Organismus“ fehlen. Nach Ansicht der BaFin, die betont, dass Investmentclub-Konstellationen eng auszulegen seien, sind hierunter aber nur Vereinigungen von „natürlichen Personen“ zu verstehen, die sich für die Anlage „ihres privaten Vermögens“ zusammengefunden haben. Kein Mitglied dürfe zudem „gewerbsmäßig angeworben“ worden sein und der Pool müsse zugleich davon absehen, weitere Mitglieder gewerbsmäßig anzuwerben.

Auf Anfrage des Business Angels Netzwerk Deutschland e.V. hat die BaFin diese Ausführungen mit Schreiben vom 08.04.2016 wie folgt konkretisiert:

  • Beteiligungsvehikel in Form einer GbR, die von einem Lead Investor vertreten werden, aber ansonsten nach dem Leitbild des § 709 BGB (gemeinschaftliche Geschäftsführung) strukturiert sind, sind kein Investmentvermögen, wenn die Investitionsentscheidungen gemeinschaftlich getroffen werden.
  • Beteiligungsvehikel in Form einer GmbH, die in der Satzung eine originäre Entscheidungsbefugnis der Gesellschafterversammlung für alle operativen Entscheidungen zum Eingehen, Halten und Veräußern der Beteiligung sind kein Investmentvermögen.
  • Die Rechtsform der beteiligten Investoren ist unerheblich. Daher sind mehrstöckige Beteiligungskonstruktionen, bei denen neben natürlichen Personen auch juristische Personen oder Personengesellschaften oder keine natürlichen Personen an der InvestCo beteiligt sind, entgegen dem Wortlaut des BaFin-Auslegungsschreibens vom 14.06.2013 zulässig.
  • Ein eigeninitiatives Zusammenfinden der Investoren und keine gewerbliche Anwerbung liegt vor, wenn die Gründung des Pools „eigenständig“ durch die Investoren erfolgt und nicht von der Gesellschaft vorgegeben wird und darüber hinaus die Beteiligungsdokumentation nicht auf die individuelle Beteiligungssituation des Investors zugeschnitten und von der Gesellschaft vorgeben wird. Die Verwendung von Vertragsmustern für Beteiligungsverträge soll insoweit aber nicht schaden.

3. Gestaltungsmaßstäbe für die Praxis

Auch wenn die Einschätzung der BaFin hilfreiche Klarstellungen bietet, verbleiben Unklarheiten. Folgende Maßstäbe dürften aber bei aller gebotenen Vorsicht im Einzelfall Bestand haben:

  • Zu Beteiligungsvehikeln in Form einer KG oder GmbH & Co. KG hat sich die BaFin soweit ersichtlich bislang noch nicht öffentlich geäußert. Die Grundsätze der ESMA und der BaFin aus ihrem Schreiben vom 08.04.2016 dürften aber grundsätzlich auch auf InvestCos in Form von KGs oder GmbH & Co. KGs übertragbar sein.
  • Bei InvestCos in Form von KGs oder GmbH & Co. KGs sollten im Gesellschaftsvertrag Entscheidungsbefugnisse auch der Kommanditisten für alle operativen Entscheidungen zum Eingehen, Halten und Veräußern der Beteiligung geregelt sein und § 161 Abs. 1 HGB insoweit abbedungen werden.
  • Ob im Gesellschaftsvertrag für die operativen Entscheidungen zum Eingehen, Halten und Veräußern der Beteiligung durch die Investoren Mehrheits- oder Einstimmigkeitserfordernisse bestehen, dürfte unerheblich sein, denn die BaFin nimmt im Schreiben vom 08.04.2016 auf § 709 BGB Bezug, nach dessen Absatz 2 die Gesamtgeschäftsführung bei einer GbR dem Mehrheitsprinzip unterstellt werden kann. Auch aus den ESMA-Kriterien lassen sich keine abweichenden Aussagen herleiten.
  • Unabhängig von der Rechtsform der InvestCo sollte keine aktive Kapitalanwerbung durch die Gesellschaft im Sinne der BaFin-Anforderungen erfolgen und das Beteiligungsvehikel möglichst nicht zur Aufnahme weiterer Investoren bei folgenden Finanzierungsrunden dienen.
  • Die Verwendung bestehender Beteiligungsverträge als Grundlage für der ersten Beteiligungsrunde folgende Finanzierungsrunden dürfte unschädlich sein, solange die Gesellschaft kein individuell auf den einzelnen Investor zugeschnittenes Beteiligungskonzept vorschlägt. Letzteres dürfte im Regelfall der Finanzierung junger Unternehmen ausscheiden, denn auch die BaFin nennt im Schreiben vom 08.04.2016 die Beteiligung eines Investors an einem „maßgeschneiderten“ Spezial-AIF. Eine bekannte Fallgruppe für maßgeschneiderte Fonds sind Spezial-AIFs zur Anlage von Pensionsvermögen großer Unternehmen.
  • Ob hinsichtlich des Geschäftsführers der InvestCo das Prinzip der Selbstorganschaft ohne Geschäftsführervergütung gilt (so die Auffassung der BaFin zu erlaubnisfreien Investmentclubs unter dem KWG), ist offen. Da aber nicht auszuschließen ist, dass die BaFin Investmentclub-Konstellationen nach KAGB und KWG gleich behandelt, sollten abweichende Gestaltungen bis auf Weiteres vermieden werden.

Darüber hinaus behält sich die BaFin stets eine Prüfung des Einzelfalls auf Basis der konkreten Beteiligungskonstruktion und Dokumentation vor. Da überdies das BaFin-Schreiben vom 08.04.2016 keine veröffentlichte Verwaltungspraxis ist, ist bei der Gestaltung von Poolmodellen bei Unternehmensfinanzierungen auch aus regulatorischer Sicht weiterhin Vorsicht geboten.

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