PSD II in Kraft – Auswirkungen für Online-Marktplätze

Am 12. Januar 2016 trat die zweite europäische Zahlungsdiensterichtlinie (PSD II) in Kraft, die binnen zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden muss. Neben einer Reihe von weiteren Neuerungen führt die PSD II zu einer Verschärfung des regulatorischen Umfeldes für Online-Marktplätze.

Viele Online-Marktplätze bieten eine Zahlungsvermittlung zwischen Käufer und Verkäufer an: Der Käufer zahlt den Kaufpreis auf ein Bankkonto des Marktplatzbetreibers. Der Marktplatzbetreiber überweist den Kaufpreis sodann abzüglich der Marktplatz-Nutzungsgebühr an den Verkäufer. Das ist Finanztransfergeschäft im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG), bedarf also einer Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin), sofern nicht eine der gesetzlichen Ausnahmen greift. Viele Marktplatzbetreiber berufen sich auf die Ausnahme gemäß § 1 Abs. 10 Nr. 2 ZAG, das sogenannte Handelsvertreterprivileg, indem sie sich in den Marktplatz-Nutzungsbedingungen zum Vertreter (typischerweise des Verkäufers) erklären. Zahlungsvorgänge zwischen Zahler und Zahlungsempfänger über einen Handelsvertreter, „der befugt ist, den Verkauf oder Kauf von Waren oder Dienstleistungen im Namen des Zahlers oder des Zahlungsempfängers auszuhandeln oder abzuschließen“, sind gemäß § 1 Abs. 10 Nr. 2 ZAG kein Zahlungsdienst im Sinne des ZAG und damit erlaubnisfrei.

Die BaFin legt diese Ausnahme jedoch restriktiv aus. In einer Veröffentlichung vom April 2014 erläuterte die BaFin ihre Verwaltungspraxis, wonach diese Handelsvertreterfunktion gewissermaßen nicht nur auf dem Papier stehen darf. Der Handelsvertreter muss vielmehr tatsächlich mit einer Befugnis zum Aushandeln oder Abschließen des jeweiligen Vertrages handeln. Dieses Kriterium erfüllen viele Marktplatzbetreiber nicht, weil sie weder Einfluss auf die Vertragskonditionen haben, noch eigene Willenserklärungen im Namen einer Partei abgeben. Vielmehr leiten sie oft nur fremde Willenserklärungen in automatisierter Form weiter.

Die PSD II bestätigt diese Verwaltungspraxis. In Erwägungsgrund Nr. 11 der PSD II kritisiert der europäische Gesetzgeber, dass die Handelsvertreterausnahme von vielen Marktplatzbetreibern in Anspruch genommen wird, obwohl eine „echte Spanne für die Aushandlung oder den Abschluss“ des Geschäftes nicht vorliegt (in der englischen Fassung: „without a real margin to negotiate or conclude“). Die in dieser Frage unterschiedlich großzügige Verwaltungspraxis der nationalen Aufsichtsbehörden verzerre den Wettbewerb auf dem Zahlungsverkehrsmarkt. Deshalb dürfen in Zukunft nur solche Handelsvertreter (in der Terminologie der Richtlinie „Handelsagenten“) erlaubnisfrei die Zahlungsvermittlung vornehmen, wenn sie aufgrund einer Vereinbarung befugt sind, den Verkauf oder Kauf von Waren oder Dienstleistungen nur im Namen des Zahlers oder nur im Namen des Zahlungsempfängers auszuhandeln oder abzuschließen (Art. 3b PSD II).

Das von der BaFin genannte (materielle) Kriterium der echten Verhandlungs- bzw. Abschlussbefugnis ist im neuen Richtlinientext nicht ausdrücklich genannt, findet jedoch durch den Erwägungsgrund Nr. 11 eine Bestätigung. Man wird die neue Definition der „Handelsvertreterausnahme“ also in diesem Sinne verstehen müssen: der Marktplatzbetreiber muss eine ausdrückliche Vereinbarung vorweisen können, wonach er befugt ist, das Geschäft im Namen von nur einer der beiden Seiten auszuhandeln oder abzuschließen. Soweit er den Vertrag aushandelt, muss er ein echtes Verhandlungsermessen haben. Soweit er den Vertrag abschließt, muss er eigene Willenserklärungen im Namen einer Seite abgeben (echte Stellvertretung gemäß § 164 BGB).

Die Variante des „Aushandelns“ wird selten genutzt werden können, denn Online-Marktplätze zeichnen sich in aller Regel dadurch aus, dass Angebot und Nachfrage auf elektronischem Wege ohne Verhandlungs-Intermediär direkt zueinander finden. Die Variante der Abschlussvollmacht eignet sich für Online-Marktplätze dagegen schon eher. Anstelle eines bloßen elektronischen Durchleitens von fremden Willenserklärungen könnte der Marktplatzbetreiber zum Beispiel nach Abgabe der Kauferklärung des Käufers die verbindliche Auftragsbestätigung des Verkäufers gewissermaßen „auf eigenem Briefkopf“ im Namen des Verkäufers abgeben – nachdem der Verkäufer die Lieferbarkeit etc. der bestellten Lieferung oder Leistung geprüft und dem Marktplatzbetreiber intern bestätigt hat. Dies dürfte die Kriterien der Handelsvertreterausnahme erfüllen.

Alles in allem Anlass genug für Online-Marktplätze, um ihre Bestellprozesse, Nutzungsbedingungen und Zahlungsvermittlungsangebote auf den Prüfstand zu stellen. Angesichts der schon vorhandenen und nunmehr bestätigten BaFin-Verwaltungspraxis sollte man damit nicht bis zum Ablauf der PSD II-Umsetzungsfrist zuwarten.

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