Novelle der InstitutsvergütungsVO – Ende der Absatzzielkoppelung für Berater und Vermittler von Immobiliar-Verbraucherdarlehen?

Am 12.09.2016 endete die Stellungnahmefrist der BaFin im Konsultationsverfahren 08/2016 zur Änderung der Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) und der zugehörigen Auslegungshilfe der BaFin. Die Überarbeitung durch die BaFin erfolgt aufgrund der von der EBA am 27.06.2016 vorgelegten Leitlinien für eine solide Vergütungspolitik (EBA/GL/2015/22). Die Novelle der InstitutsVergV sowie die EBA-Leitlinien sollen jeweils zum 01.01.2017 in Kraft treten. Hiernach stellt sich die Frage, ob – und wenn ja inwieweit – eine absatzzielbezogene Vergütungspraxis bei Kreditinstituten und freien Vermittlern für Beratungs- und Vermittlungsleistungen im Zusammenhang mit der Vergabe von Realkrediten an Verbraucher (Immobiliar-Verbraucherdarlehen) zulässig ist.

Bisherige Auslegung der BaFin lässt Spielraum für absatzzielbezogene Vergütung

Die bislang geltende InstitutsVergV lässt Zweifel zu an der Zulässigkeit von absatzzielbezogenen Vergütungssystemen für Mitarbeiter von Kreditinstituten, die Beratungsleistungen zu Immobiliar-Verbraucherdarlehen erbringen. Jedenfalls lässt der Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 4 InstitutsVergV insoweit auf den ersten Blick keinen Spielraum. Vergütungssysteme sind danach unangemessen, wenn sie die „Fähigkeiten der Geschäftsleiter und Geschäftsleiterinnen sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beeinträchtigen, bei der Erbringung von Beratungsleistungen nach § 511 des Bürgerlichen Gesetzbuchs im besten Interesse des Verbrauchers zu handeln“. Zur Klarstellung wurde dieser Regelung mit Wirkung zum 21.03.2016 ein Halbsatz angefügt, wonach Vergütungen „insbesondere […] nicht an Absatzziele gekoppelt sein und nicht von der Zahl oder dem Anteil der genehmigten Anträge abhängen“ dürften. Die für freie Vermittler geltende gewerberechtliche Parallelvorschrift (§ 34i Abs. 7 GewO) geht sogar darüber hinaus und bezeichnet die an Absatzziele gekoppelte Vergütung von Mitarbeitern für die Beratung zu sowie für die Vermittlung von Immobiliar-Verbraucherdarlehen generell als unangemessen. Sowohl § 5 Abs. 1 Nr. 4 InstitutsVergV als auch § 34i Abs. 7 GewO gehen auf Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2014/17/EU (Wohnimmobilienkreditrichtlinie – WIKR) zurück. Auch der Wortlaut von Art. 7 Abs. 4 WIKR spricht insoweit eine deutliche Sprache. Die Vorschrift bestimmt, dass bei „Kreditgebern, Kreditvermittlern oder benannten Vertretern, die Beratungsleistungen [zu Wohnimmobilienkrediten im Sinne der WIKR] erbringen“, die Vergütung des dafür eingesetzten Personals „insbesondere nicht an Absatzziele gekoppelt“ sein darf. Der über die Beratung hinausgehende, auch die Vermittlung erfassende Wortlaut des § 34i Abs. 7 GewO ist mit Blick auf diese Richtlinienvorgabe unschädlich, da den Mitgliedstaaten in Art. 2 Abs. 1 WIKR der Erlass strengerer Vorschriften vorbehalten ist (Mindestharmonisierung).

Obwohl die Vorschriften in ihrem Wortlaut für Kreditinstitute bei der Beratung (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 InstitutsVergV) und für freie Vermittler (§ 34i Abs. 7 GewO) auch bei der Vermittlung keine Ausnahmen für absatzzielbezogene Vergütungen zulassen, bestehen bereits derzeit gute Argumente für eine Zulässigkeit bestimmter absatzzielbezogener Vergütungssysteme. Einen starken Anhaltspunkt dafür bietet die bislang geltende Auslegungshilfe der BaFin zur InstitutsVergV. Erkennbar mit Blick auf den Sinn und Zweck der Regelungen in der WIKR, die operationelle Risiken des Instituts bei nicht am Kundeninteresse orientiertem Handeln vermeiden wollen, legt die BaFin § 5 Abs. 1 Nr. 4 InstitutsVergV einschränkend aus. So heißt es in der bisherigen Auslegungshilfe der BaFin, „insbesondere“ solche Vergütungssysteme für den Vertriebsbereich, die „unter Vernachlässigung qualitativer Kriterien wie Kundeninteresse und ‑zufriedenheit <u>ausschließlich</u> Absatzziele in den Vordergrund der Zielerreichung“ stellten, seien unangemessen und damit unzulässig. Diese Interpretation läuft auf eine Gesamtschau hinaus, nach der die absatzzielbezogene Vergütung im Zusammenspiel mit weiteren Vergütungsfaktoren jedenfalls nicht dominant erscheinen darf. Auf dieser Basis sind eine Vielzahl von in der Praxis anzutreffenden gemischten Vergütungssystemen zulässig. Es ist im Einzelfall zu bewerten, ob das jeweilige Vergütungssystem ein operationelles Risiko für das Institut aufgrund eines nicht am Kundenwohl orientierten Handelns darstellt. Anhand dieses Risikos wird auch die Frage zu beantworten sein, wie weit der von § 5 Abs. 1 Nr. 4 InstitutsVergV betroffene Personenkreis zu ziehen ist. Ist nach der jeweiligen Stellung eines Mitarbeiters im Betrieb und seinen individuellen Einflussnahmemöglichkeiten auf den Beratungsprozess kein erhöhtes Risiko für ein am Wohl des Kunden orientiertes Handeln erkennbar, spricht gegenwärtig viel für die Zulässigkeit einer absatzzielbezogenen Vergütung dieses Mitarbeiters. Für freie Vermittler wird im Rahmen von § 34i Abs. 7 GewO nach gegenwärtiger Rechtslage Entsprechendes gelten. Denn obwohl die Auslegungshilfe der BaFin nur die InstitutsVergV betrifft, dürfte für § 34i Abs. 7 GewO jedenfalls für den Bereich der Beratungsleistungen angesichts des gemeinsamen Ursprungs der Regelungen in Art. 7 Abs. 4 WIKR kein anderer Auslegungsmaßstab gelten.

Diese in der bislang geltenden Auslegungshilfe der BaFin angelegte flexible Handhabung ist zu begrüßen. Es besteht schlechterdings kein Grund, auch solche Absatzbezüge als unangemessen zu betrachten, die das Ziel einer am Kundeninteresse orientierten Beratung nicht gefährden.

Ende der Absatzzielkoppelung nach der neuen Auslegungshilfe der BaFin?

Die im Konsultationsverfahren 08/2016 veröffentlichte Auslegungshilfe zur novellierten InstitutsVergV lässt befürchten, dass jedenfalls für die Vergütung von Mitarbeitern, die Beratungsdienstleistungen zu Immobiliar-Verbraucherdarlehen erbringen, der Absatzzielbezug generell unzulässig wird. Denn in der Erläuterung zu § 5 Abs. 1 Nr. 4 InstitutsVergV n.F. heißt es: „Speziell im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wohnimmobilienkrediten ist jedoch streng dem Wortlaut der Richtlinie zu folgen, wonach die Vergütung für die Erbringung von Beratungsleistungen nach § 511 BGB nicht [sic] an Absatzziele gekoppelt sein und nicht von der Zahl oder dem Anteil der genehmigten Anträge abhängen darf (§ 5 Abs. 1 Nr. 4).“ Im Anwendungsbereich der WIKR soll die Auslegung also streng dem Wortlaut der Regelung folgen. Nur teilweise absatzzielbezogene Vergütungssysteme dürften daher in der zukünftigen Verwaltungspraxis zur InstitutsVergV selbst dann nicht mehr als angemessen gelten, wenn ein operationelles Risiko für das Institut aufgrund einer insgesamt am Kundeninteresse orientierten Beratung nicht ersichtlich ist. Auch für Beratungsleistungen von freien Beratern, die von § 34i Abs. 7 GewO erfasst werden, muss künftig mit einer an der neuen BaFin-Auslegungshilfe zur InstitutsVergV orientierten Auslegung gerechnet werden, da die zugrundeliegende Bestimmung des Art. 7 Abs. 4 WIKR in der Praxis kaum sinnvoll abweichend hiervon ausgelegt werden kann.

Anders als für beratende Mitarbeiter von Kreditinstituten und freie Berater besteht für freie Vermittler allerdings weiterhin Raum für eine einschränkende Wortlautauslegung des § 34i Abs. 7 GewO nach dem Sinn und Zweck der Regelung. Nicht ausschließlich absatzzielbezogene Vergütungssysteme für freie Vermittler können dürften also weiterhin grundsätzlich zulässig sein.

Die verschärfte Auslegungshilfe der BaFin zu § 5 Abs. 1 Nr. 4 InstitutsVergV kann hier nicht als Maßstab dienen, da Vermittlungsleistungen von den Vorgaben des § 5 Abs. 1 Nr. 4 InstitutsVergV überhaupt nicht erfasst werden. Auch Art. 7 Abs. 4 WIKR betrifft nur Beratungsleistungen. Eine freiere Behandlung von Vermittlungsleistungen ist auch sachlich gerechtfertigt. Denn während die Vermittlungstätigkeit lediglich zielgerichtet den Abschluss eines Immobiliar-Verbraucherdarlehens herbeiführen soll, gibt der Berater individuelle Empfehlungen zum Abschluss solcher Verträge an den Verbraucher. Angesichts der bedeutenderen Einflussnahmemöglichkeiten des Beraters auf das Kundenverhalten hat auch die strikte Vermeidung von Empfehlungsanreizen, die sich nicht am Kundeninteresse orientieren, eine größere Bedeutung. Jedenfalls in Bezug auf Vermittlungsleistungen besteht daher auch mit Blick auf die neue Auslegungshilfe der BaFin zur InstitutsVergV Raum für eine Auslegung, nach der absatzzielbezogene Vergütungssysteme nicht per se unzulässig sind.

Angesichts der verbleibenden Rechtsunsicherheit, in welcher Form und für welchen Mitarbeiterkreis in gestuften Vertriebsorganisationen nicht ausschließlich absatzzielbezogene Vergütungssysteme für freie Vermittler nach Maßgabe von § 34i Abs. 7 GewO zulässig sind, ist eine sorgfältige Prüfung der Gestaltung im Einzelfall unentbehrlich.

Ob die konsultierte Novelle der InstitutsVergV und der BaFin-Auslegungshilfe im weiteren Verfahren für die hier besprochenen Fragen noch Änderungen erfahren, bleibt abzuwarten. Anhaltspunkte hierfür sind aber gegenwärtig nicht ersichtlich.

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