Umsetzung der Vermittlerrichtlinie (IDD) zum Versicherungsvertrieb im Internet

Bis zum 28.02.2018 ist die Versicherungsvermittlerrichtlinie (EU) 2016/97 (Insurance Distribution Directive - IDD) in Deutschland umzusetzen. Die Bundesregierung hat am 22.03.2017 einen Gesetzesentwurf zur IDD-Umsetzung in das parlamentarische Verfahren eingebracht (BT-Drucks. 18/11627). Der Bundesrat hat hierzu bereits Stellung genommen (BT-Drucks. 18/11627, Anlage 3) und die Bundesregierung eine Gegenäußerung veröffentlicht (BT-Drucks. 18/11627, Anlage 4)..

Kommerziell betriebene Internetportale, die auf Versicherungen hinweisen, Versicherungsleistungen bewerben, Rankings erstellen, Preis- oder Produktvergleiche darstellen oder Rabattangebote im Zusammenhang mit der Zeichnung von Versicherungsprodukten anbieten, könnten spätestens nach Inkrafttreten des IDD-Umsetzungsgesetzes als Versicherungsvermittler gelten, mit der Folge umfangreicher Explorations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten nach § 61 Abs. 1 VVG.

Die IDD definiert in Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 Versicherungsvermittler als Personen, die eine „Versicherungsvertriebstätigkeit“ gegen Leistung einer „Vergütung“ durchführen und weder Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen noch Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit sind. Eine Vergütung in diesem Sinne ist denkbar weit zu verstehen als jeder wirtschaftliche Vorteil oder Anreiz mit Bezug zur Vertriebstätigkeit (Art. 2 Abs. 1 Nr. 9 IDD).

Eine „Versicherungsvertriebstätigkeit“ umfasst hiernach in weitem Umfang auch rein Internet-gestützte Vorbereitungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Abschluss von Versicherungsverträgen wie Rankings und Produktvergleiche, sofern der Kunde über die „Vertriebswebsite“ (z.B. eine Vergleichsportal) den Vertrag entweder direkt abschließen kann oder auf eine weitere Website weitergeleitet wird und dort den Vertrag abschließen kann. Die Definition der Vertriebstätigkeit in Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 IDD umfasst namentlich die „(…) Bereitstellung von Informationen über einen oder mehrere Versicherungsverträge aufgrund von Kriterien, die ein Kunde über eine Website oder andere Medien wählt, sowie die Erstellung einer Rangliste von Versicherungsprodukten, einschließlich eines Preis- und Produktvergleichs, oder ein Rabatt auf den Preis eines Versicherungsvertrags, wenn der Kunde einen Versicherungsvertrag direkt oder indirekt über eine Website oder ein anderes Medium abschließen kann.“

Nicht erfasst von dieser vorverlagerten Vermittlungsdefinition sollen nach Erwägungsgrund 13 IDD „rein vorbereitende“ Tätigkeiten sein, in Form der Weitergabe von Daten und Informationen über potenzielle Versicherungsnehmer an u.a. Versicherungsunternehmen oder Versicherungsvermittler oder über Versicherungsprodukte an potentielle Versicherungsnehmer.

Mit anderen Worten sollen (wohl) reine Tippgebergestaltungen als Vorbereitungshandlungen ohne konkreten Bezug zur Vertragsabschlusserklärung des Versicherungsnehmers keine Vermittlungstätigkeit im Sinne der IDD begründen können.

Wie die Abgrenzung zwischen Tippgebern und Versicherungsvermittlern im Internetvertrieb im Einzelfall verlaufen soll, ist der IDD nicht zu entnehmen. Auch der deutsche Gesetzgeber wird im Gesetzesentwurf zur IDD-Umsetzung hierzu nicht konkreter. In § 59 Abs. 1 S. 3 VVG-E ist vielmehr durch einen Verweis auf § 1a Abs. 2 VVG-E die in Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 IDD genannte internetgestützte Vertriebstätigkeit in die Definition der Versicherungsvermittlung einbezogen. Versicherungsvermittler sind daher nach gegenwärtigem Stand des Gesetzgebungsverfahrens zur IDD-Umsetzung (wie bislang) Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler nach § 59 Abs. 2 und 3 VVG sowie (neuerdings) Betreiber von Vertriebswebsites im Sinne von § 1a Abs. 2 VVG-E. Zudem wird der bisher in § 6 Abs. 6 VVG geregelte pauschale Ausschluss von Beratungs- und Dokumentationspflichten des (Direkt-)Versicherers in Fernabsatzkonstellationen gestrichen. Damit beseitigt der Gesetzgeber zugleich das bislang von gewichtigen Literaturstimmen vertretene Argument einer analogen Anwendung von § 6 Abs. 6 VVG auf Vermittlungsleistungen im Fernabsatzgeschäft.

Da der Gesetzgeber bislang keine Anstalten macht, der Praxis eine klarere Abgrenzung zwischen reinen Tippgeberleistungen ohne Dokumentations- und Beratungspflichten nach § 61 VVG und Vermittlungsleistungen nach § 59 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 1a Abs. 2 VVG-E zu bieten, bleibt für einen rechtssicheren Ausschluss des Pflichtenprogramms nach § 61 VVG nur ein (in Textform möglicher) Beratungsverzicht des Kunden. Die Bundesregierung hat sich insoweit der Initiative des Bundesrates angeschlossen, § 61 Abs. 2 VVG zu ergänzen um die Formulierung „Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform [auf die Beratung und Dokumentation nach § 61 Abs. 1 VVG] verzichten.“ (vgl. BT-Drucks. 18/11627, S. 61, 66).

Außerhalb des Beratungsverzichts muss eine Prüfung der Websitegestaltung im Einzelfall die Abgrenzung zwischen Tippgeberstruktur und „indirekter Vermittlung“ nach § 1a Abs. 2 VVG-E leisten. Hier dürfte es entscheidend darauf ankommen, wie konkret die vom Website-Besucher explorierten Informationen sind und ob eine konkret produktbezogene Weiterleitung zum Anbieter des Versicherungsproduktes erfolgt. Das erfordert eine Prüfung der Vertriebsstruktur und Websitegestaltung im Einzelfall.

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