Neue Pflichten für Zahlungsdienstleister: Entgelttransparenz, Kontowechsel und das neue Basiskonto

Am 18. April 2016 ist das Gesetz zur Umsetzung der EU-Zahlungskontenrichtlinie 2014/92/EU im Bundesgesetzblatt verkündet worden. Zentraler Bestandteil ist das neu eingeführte Zahlungskontengesetz (ZKG), das den überwiegenden Teil der Richtlinienvorgaben umsetzt. Das ZKG richtet sich an Zahlungsdienstleister (ZDL), die im deutschen Markt Zahlungskonten für Verbraucher anbieten und regelt folgende Themenkomplexe:

  • Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (Basiskonto)
  • Wechsel von Zahlungskonten (Kontenwechsel) sowie
  • Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten (Entgelttransparenz).

Das Umsetzungsgesetz und das ZKG treten zeitlich gestaffelt in Kraft. Schwerpunkt im Gesetzgebungsverfahren wie auch in der öffentlichen Diskussion waren die Regelungen zum Basiskonto, die zum 18. Juni 2016 in Kraft getreten sind.

Basiskonto

ZDL mit Sitz oder Niederlassung in Deutschland sind aufgrund des ZKG verpflichtet, mit jedem Berechtigten einen sogenannten Basiskontovertrag abzuschließen. Der Basiskontovertrag ist ein Zahlungsdiensterahmenvertrag i.S.v. § 675 f Abs. 2 BGB mit eingeschränktem Leistungsprogramm und einem gesetzlich vorgeschriebenen Kreis in Betracht kommender Kontoinhaber. Einen Anspruch auf Abschluss eines Basiskontovertrags hat grundsätzlich jeder Verbraucher mit rechtmäßigem Aufenthalt in der Europäischen Union einschließlich Personen ohne festen Wohnsitz, Asylsuchenden sowie Personen ohne Aufenthaltstitel, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können. Damit soll auch diesem Personenkreis der Zugang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr ermöglicht werden. Das Basiskonto soll die grundlegenden Funktionen Ein- und Auszahlung, Überweisungen, Lastschriften und Kartenzahlungen ermöglichen. Ein Anspruch auf ein kostenloses Basiskonto besteht nicht. Entgelte für diese Dienste müssen aber “angemessen” sein. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist das der Fall, sofern es dem ZDL über einen Kostendeckungsbeitrag hinaus einen angemessenen Gewinn sichert.

ZDL können den Abschluss eines Basiskontovertrags lediglich ablehnen, wenn der Berechtigte bereits über ein Zahlungskonto verfügt, bei vorsätzlich strafbarem Verhalten des Berechtigten zum Nachteil des ZDL, dessen Mitarbeitern oder Kunden (z.B. Betrugsfälle), sofern Verstöße des Berechtigten gegen geldwäscherechtliche Vorschriften zu befürchten sind sowie in Fällen, in denen der ZDL dem Verbraucher einen bestehenden Zahlungsdiensterahmenvertrag innerhalb des letzten Jahres vor Kontoeröffnung wegen Zahlungsverzugs wirksam gekündigt hatte. Auch die Kündigungsmöglichkeiten des ZDL sind im Hinblick auf das Basiskonto entsprechend eingeschränkt. Sofern die Voraussetzungen einer Ablehnung nicht vorliegen, besteht ein gesetzlicher Kontrahierungszwang, der nicht nur zivilgerichtlich, sondern auf Antrag des Verbrauchers auch durch die BaFin durchgesetzt werden kann (!). Der ZDL ist verpflichtet, der Ablehnungserklärung ein entsprechendes Antragsformular beizufügen.

Kontenwechsel

Die Regelungen zum Kontenwechsel werden zum 18. September 2016 in Kraft treten. Das ZKG trifft jeweils separate Regelungen zum Kontenwechsel von einem ZDL zu einem anderen ZDL innerhalb Deutschlands einerseits (nationaler Kontenwechsel) und von einem ZDL mit Sitz in Deutschland zu einem ZDL mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat (grenzüberschreitende Kontoeröffnung). Beim nationalen Kontenwechsel haben sowohl der bisherige ZDL (übertragender ZDL) als auch der neue ZDL (empfangender ZDL) des Verbrauchers Kontenwechselhilfe zu leisten. Hierzu hat der Gesetzgeber einen detaillierten Kontenwechselprozess innerhalb bestimmter Fristen vorgesehen. Die Koordination des Prozesses übernimmt dabei der empfangende ZDL. Dieser lässt sich vom Verbraucher eine gesetzlich in Form eines Musterformulars vorformulierte Ermächtigung mit zahlreichen Weisungen des Verbrauchers an beide beteiligten ZDL erteilen (u.a. zur Übermittlung sämtlicher oder bestimmter vom Verbraucher ausgewählter Zahlungsvorgänge, Schließung des bisherigen Zahlungskontos, Überweisung des verbleibenden Guthabens auf das neue Zahlungskonto). Im zweiten Schritt fordert der empfangende ZDL den übertragenden ZDL auf, ihm die Informationen zu den betreffenden Zahlungsvorgängen mitzuteilen und die weiteren Weisungen des Verbrauchers auszuführen. Im dritten Schritt richtet der empfangende ZDL die Zahlungsaufträge auf dem neuen Zahlungskonto des Verbrauchers ein und informiert dessen Zahlungsverkehrspartner über die neue Kontoverbindung, sofern der Verbraucher dies nicht selbst übernimmt. Für bestimmte Leistungen im Rahmen der Kontenwechselhilfe können die beteiligten ZDL gegenüber dem Verbraucher Entgelte erheben, wobei diese der Höhe nach angemessen und an den tatsächlichen Kosten des ZDL ausgerichtet sein müssen.

Im Gegensatz zur Kontenwechselhilfe beim nationalen Kontenwechsel beschränken sich die Regelungen zur grenzüberschreitenden Kontoeröffnung auf die Verpflichtung des ZDL, dem Verbraucher auf Verlangen Informationen zu den Zahlungsvorgängen auf seinem bisherigen Zahlungskonto zu übermitteln, das bisherige Zahlungskonto zu schließen und ein verbleibendes Guthaben auf das neue Zahlungskonto zu überweisen.

Entgelttransparenz

Die Regelungen des ZKG zur Entgelttransparenz sehen insbesondere Informationspflichten der ZDL gegenüber Verbrauchern zu Zahlungskontoentgelten vor.

Verbrauchern sind vor der Kontoeröffnung und Abschluss des Zahlungsdiensterahmenvertrags die einzelnen Entgelte für die mit dem Zahlungskonto verbundenen Dienste unentgeltlich mitzuteilen (Entgeltinformation). Im Rahmen der laufenden Geschäftsbeziehung hat der ZDL zudem mindestens jährlich sowie bei Vertragsbeendigung eine Aufstellung sämtlicher angefallener Entgelte unentgeltlich zur Verfügung zu stellen (Entgeltaufstellung). Inhalt und Gestaltung dieser Informationen werden im Einzelnen durch das ZKG vorgegeben. Dabei sind u.a. standardisierte Formate und eine standardisierte Terminologie zu verwenden, die von der Europäischen Kommission auf Vorschlag der European Banking Authority (EBA) in Form technischer Durchführungsstandards erlassen werden und anschließend von der BaFin als Muster veröffentlicht werden. Zudem müssen ZDL zukünftig auch in anderen für Verbraucher bestimmten Informationen (z.B. das Preis- und Leistungsverzeichnis) die neue Zahlungskontenterminologie verwenden.

Die Regelungen zur Entgelttransparenz werden neun Monate nach dem Inkrafttreten der technischen Durchführungsstandards der EBA in Kraft treten. Der Konsultationsprozess der EBA mit den Mitgliedstaaten ist bereits abgeschlossen, die EBA soll der Europäischen Kommission den Entwurf der technischen Durchführungsstandards bis spätestens zum 18. September 2016 vorlegen. Das Inkrafttreten der ZKG-Regelungen zur Entgelttransparenz ist daher erst im Jahr 2017 zu erwarten.

Auswirkungen auf die Praxis

Zum Basiskonto müssen ZDL – sofern noch nicht geschehen – ein entsprechendes Produkt entwickeln, welches die entsprechenden Dienste einschließt. Auch für das Basiskonto wird eine etwaige Bepreisung durch den ZDL an den Entgeltvorgaben des ZKG zu messen sein. Zudem sind geldwäscherechtliche Vorschriften zu beachten. Da insbesondere Flüchtlinge in vielen Fällen nicht in der Lage sind, bei der Kontoeröffnung ihre Identität in der vom GwG verlangten Form nachzuweisen, soll zusätzlich eine auf § 4 Abs. 4 S. 2 GwG gestützte Identitätsprüfungsverordnung erlassen werden, die die Einzelheiten der geldwäscherechtlichen Identifizierung dieser Personen regelt. Die BaFin hatte hierzu mit dem Rundschreiben vom 21. August 2015 bereits eine Übergangsregelung geschaffen, wonach von Ausländerbehörden ausgestellte Lichtbildausweise zur Legitimationsprüfung ausreichend sind.

Für den Kontenwechsel müssen ZDL, neben einem entsprechenden Formularwesen, auch neue IT-Prozesse aufsetzen, die die Einhaltung der engen Fristen zur Durchführung des Kontenwechsels gewährleisten. Um den hierfür erforderlichen reibungslosen Informationsfluss zwischen den beteiligten ZDL sicherzustellen, werden derzeit auf der Ebene der Deutschen Kreditwirtschaft Lösungen entwickelt. So wird neben der bereits vorgenommenen Änderung des Abkommens über das Interbankenband (vgl. hierzu das Rundschreiben Nr. 23/2016 der Deutschen Bundesbank vom 22. April 2016) ein Abkommen zur Kontenwechselhilfe abgeschlossen werden, mit dem die einheitliche Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Vorschriften zur Kontenwechselhilfe durch sämtliche ZDL der Deutschen Kreditwirtschaft sichergestellt werden soll.

Daneben ist für die Praxis die Frage nach der Zulässigkeit der Erhebung von Entgelten und der Erstattung von Kosten im Zusammenhang mit Kontowechselleistungen der ZDL bedeutsam. Hierfür wird das Verhältnis des § 26 ZKG zu den zahlungsverkehrsrechtlichen Vorgaben der §§ 675c ff. BGB einerseits und den BGH-Grundsätzen zur Bepreisung von Leistungen andererseits entscheidend. Der Gesetzgeber hat sich hierzu nicht geäußert.

Um ihre Pflichten zur Entgelttransparenz zu erfüllen, müssen ZDL neue Formulare für die Entgeltinformation und -aufstellung anlegen. Ferner müssen auch die bestehenden Verbraucher-Informationsmaterialien dahingehend geprüft werden, ob diese die standardisierte Zahlungskontenterminologie für die mit Zahlungskonten verbundenen Dienste verwenden. Abweichende eigene Bezeichnungen dürfen ZDL ab dem Inkrafttreten der Vorschriften zur Entgelttransparenz lediglich verbunden mit einem Hinweis auf die der Bezeichnung entsprechende standardisierte Zahlungskontenterminologie verwenden. Auch hierdurch wird auf die ZDL ein erheblicher Anpassungsaufwand zukommen.

Schließlich ergeben sich neue Anforderungen für die Compliance der ZDL. Denn die Vorschriften des ZKG haben auch aufsichtsrechtliche Funktion. So sind Verstöße gegen bestimmte Pflichten bußgeldbewehrt (z.T. bis zu EUR 300.000) und können auch Gegenstand von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen nach dem UKlaG sein. Zudem wird die Einhaltung der Vorschriften des ZKG zum Gegenstand des Prüfungsberichts zum Jahresabschluss.

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